Die Tragödie des €URO

Ausgabe: 2012 | 2

Nach der griechischen folgt die gesamteuropäische Tragödie, das meint zumindest der promovierte liberale Ökonom Philipp Bagus. Für ihn wird das Eurosystem bald scheitern und der Zusammenbruch ist weit davon entfernt, ein Zufall zu sein. Der Geld- und Konjunkturexperte versucht, die Hintergründe der gegenwärtigen Schuldenkrise zu erklären und argumentiert, dass der Euro ein politisches Projekt sei und vordergründig den Interessen der Regierungen, Politiker und Großbanken diene. Die Idee Europa wird aber seiner Ansicht nach keineswegs scheitern, wenn der Euro scheitert. Auch ohne eine gemeinsame Zentralbank könne es offene Grenzen, freien Handel und ein integriertes Europa geben. Im Übrigen mache die Eurozone mit den Rettungsschirmen deutlich, dass sie ohnehin nur eine Transferunion sei, die das Überleben verschuldeter Regierungen ermögliche, das heißt im Klartext, auf Kosten anderer zu leben. Was wir jetzt haben, nennt der Autor Transferunion III. „Transferunion I ist die direkte Umverteilung über Geldzahlungen, die von Brüssel aus gesteuert werden. Transferunion II ist Umverteilung von Geld, das über die EZB-Kreditvergabe kanalisiert wird. Transferunion III bedeutet die direkte Kreditvergabe und Bailout-Garantien für überschuldete Regierungen und letztlich eine Bezahlung von Defiziten durch Steuerzahler soliderer Länder.“ (S. 165). Durch Rettungsschirme, so Bagus, würden zudem die Anreize fehlen, Defizite zu senken und Strukturreformen anzugehen. Der dauerhafte Transfer von Nord nach Süd werde aber letztlich dazu führen, dass auch der Norden seine Sparanstrengungen einstellen wird.

 

 

 

Wege in den Zusammenbruch

 

Der Autor, Professor für Volkswirtschaft an der Universität Rey Juan Carlos in Madrid, geht in seinem Buch zunächst aber der Geschichte des Euro nach – von den Verträgen von Maastricht bis zur aktuellen Griechenlandkrise. Seiner Ansicht nach habe der Euro als Gemeinschaftswährung von Anfang an Konflikte institutionalisiert und den Kampf um die Kontrolle der Geldmenge intensiviert. Das Ergebnis sei der Bailout (Schuldenübernahme und Tilgung durch Dritte) und der Transfer von Geldern in Form subventionierter Kredite von der EWU nach Griechenland (vgl. S. 118). Bagus sieht letztlich den Euro als Prestigeobjekt der europäischen Sozialisten, allen voran den französischen, die einst der Traum vom europäischen Zentralstaat verband. Nicht zuletzt galt der Euro als Instrument, den immer größer werdenden Einfluss der Deutschen Bundesbank auf Europa zu schmälern, so die gewagte These des Autors. Zur Bewältigung der Schuldenkrise sieht sein liberales Konzept für Griechenland und andere Staaten folgende Maßnahmen vor: die Steuern senken, die Staatsausgaben radikal zurückfahren, strukturelle Defizite eliminieren, Staatsbetriebe, Inseln und Monumente privatisieren, Gewerkschaftsprivilegien zerschlagen und deregulieren. Zu guter Letzt zieht er auch einen Schuldenschnitt in Erwägung. „Dann müsste Griechenland auch nicht die Eurozone verlassen. Das Land könnte aber die Situation nutzen, um auch eine Geldreform voranzutreiben und beispielsweise eine goldgedeckte Drachme einzuführen.“ (Die freie Welt. Internet- und Blogzeitig für die Zivilgesellschaft. 19.7.2011 www.freiewelt.net/...)

 

 

 

Zukunft des EURO

 

Bagus sieht drei mögliche Szenarien für den Euro: 1. den Zusammenbruch des Eurosystems durch Ausschluss/Austritt eines Landes, das keine hinreichenden Sparanstrengungen unternimmt. 2. eine Reform und Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts mit harten Sanktionen und schließlich 3. eine umfassende Transferunion, in der die wohlhabenden für die ärmeren Staaten zahlen und die EZB die Schulden mit möglichen Folgen (Austritte, Hyperinflation) monetarisiert.

 

Insgesamt hält der Ökonom eine Reform des ge-samten Geldsystems für erforderlich. Beispielsweise durch die Einführung eines vollgedeckten Goldstandards. Nur so könne sichergestellt werden, dass zur Finanzierung von Staatsausgaben kein neues Geld gedruckt werde. Wie letztlich die Krise gemeistert werden soll, bleibt aber auch in diesen konservativen Vorstellungen vage. Es fehlen zwingende Vorschläge für mehr Haushaltsdisziplin, verbunden mit einem Wachstumspaket. Ganz zu schweigen von einer Vorstellung dessen, welche Art von Wachstum wir wollen bzw. uns noch leisten können. A. A.

 

Bagus, Philipp: Die Tragödie des €URO. Ein System zerstört sich selbst. München: FinanzBuch-Verl., 2011. 205 S., € 17,99 [D], 18,50 [A], sFr 25,20

 

ISBN 978-3-89879-670-5