Der verlorene Glanz der Ökonomie. Kritik und Orientierung

Ausgabe: 1994 | 4

Der Lebensstandard in den industrialisierten Ländern ist einem bestimmten Typus von Wirtschaft zu verdanken, der sich durch seinen Erfolg nicht nur immer mehr verallgemeinert und in alle Lebensbereiche hineinwirkt, sondern scheinbar auch keine Alternativen aufkommen lässt. Doch die Schattenseiten des dominierenden ökonomischen Systems, Raubbau an Energie und Ressourcen, drohende ökologische Selbstzerstörung, Schaffung immer neuer ökonomischer Verlierer u. a. m., legen die Suche alternativer Modellbildungen nahe, was sich dieser Band in interdisziplinärem Herangehen zum Ziel setzt.

Der Philosoph Peter Heintel problematisiert die (schwindenden) Eingriffsmöglichkeiten des Subjekts in der modernen Gesellschaft und kommt zur Auffassung, dass "gegenüber unseren Systemen und Subsystemen Alternativen aufrichten zu wollen", nicht so sehr eine Sache der Einsicht "als eine solche alternativer Organisationsformen neuer kollektiver Konzentrationen" sei. So bräuchten wir ein neues Organisationsbewusstsein und eine Gesellschaft, die bewusst unterschiedliche Entwürfe zulässt sowie Räume des „Aussteigens" und „Innehaltens" schafft. Neue "Modellwirklichkeiten" würden erst den notwendigen Prozess der Selbstreflexion als „Differenzreflexion " ermöglichen.

Die Ökonomin Luise Gubitzer sammelt bisherige Ansätze alternativer Ökonomie, aus denen nach der "großen Transformation" am Beginn der Neuzeit eine neuerliche Transformation für ein weltweit verträgliches Wirtschaften destilliert werden könnte. Ihr Kollege Erich Kitzmüller versucht, die verdrängte Dominanz der Ökonomie "ins Helle zu rücken", um ihr reflexiv wieder den dienenden Charakter zuzuweisen. Auch weitere Beiträge reflektieren den Stellenwert und die Prägekraft der Ökonomie in der Moderne und suchen - wie etwa bei Caroline Gerschläger in Anlehnung an Hannah Arendts „vita activa" - nach einer "Wiederaneignung des Politischen" in einer Gesellschaft, die die Wirklichkeit auf die" Warenwelt" reduziert hat. Die Ökonomie der Neuzeit sowie ihre Phänomene wie "Knappheit ". "Fortschritt" oder "Bedürfnisse" werden in diesem Band einer umfassenden ideologiekritischen, historisch-politischen Analyse unterzogen, Modelle für ein anderes Wirtschaften dabei ansatzweise erörtert.

H. H.

Der verlorene Glanz der Ökonomie. Kritik und Orientierung. Hrsg. v. Wilhelm Berger ... Wien: Falter; 1993. 332 S. (Soziale Innovation + Neue Soziologie; 3) DM 36,-/ sFr 33,10/ ÖS 248