Ob in Lateinamerika, Afrika oder Asien - die Zeit der Einparteiensysteme und Diktatoren ist zu Ende. Pluralisierung und Demokratisierung lauten die Zukunftsmarkierungen nicht nur für die ehemals sozialistischen Staaten Osteuropas, sondern auch für die Länder des Südens. Daß dieser politische Wandlungsprozeß vielgestaltig und konflikthaft verläuft, macht der vorliegende Band deutlich. An mehreren Fallstudien (etwa zu Taiwan, Südkorea und Singapur) wird der Weg südostasiatischer Schwellenländer, sogenannter “Entwicklungsdiktaturen", in Richtung Pluralisierung der Macht dargestellt.
Dem stehen die politischen Umbrüche in Afrika gegenüber, die viel mehr von ökonomischem und staatlichem Zerfall geprägt sind. Die Gefahr der Eskalation in die Gewalt und das Scheitern von Demokratisierungsprozessen sind hier sehr groß. Der besondere Wert dieser von einem Projektteam des Instituts für Politische Wissenschaft der Universität Hamburg unter der Leitung von Rainer Tetzlaff erstellten Studie liegt in der entwickelten Analysemethode der "strategischen und konfliktfähigen Gruppen" (SKOG-Konzept). Den vom Status quo Profitierenden (politische Eliten, Militärs, Beamte - sie werden als "strategische Gruppen" bezeichnet) steht dabei die sich formierende Opposition (wirtschaftliche Aufsteiger, Mittelklassen, Freiberufler, Intellektuelle, auch unzufriedene Militärs, und nur zum Teil Bauern und Arbeiter) gegenüber.
Als Bedingung politischer Veränderungen werden die Konfliktbereitschaft und Konfliktfähigkeit (etwa Organisierungsgrad) von Oppositionsgruppen herausgestellt Konflikte damit als politisches Movens betrachtet. Wie diese gelöst werden, etwa durch stufenweise Konzessionen an die aufstrebenden Gesellschaftsschichten oder durch Machtwechsel blutig oder unblutig =, ist prinzipiell offen und hängt vom Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren ab. DW Band macht das vielschichtige Bedingungsgefüge wirtschaftlich-politischer Entwicklungen in den Ländern der Dritten Welt deutlich und gibt mit SKOG ein wertvolles theoretisches Rüstzeug zur Analyse konflikthafter, politischer Prozesse zur Hand, das in abgewandelter Form auch in anderen Politikkontexten, etwa zur Erfassung von Umweltkonflikten in den demokratisierten Staaten, Anwendung finden könnte.
H. H.
Demokratisierung und politischer Wandel. Theorie und Anwendung des Konzeptes der strategischen und konfliktfähigen Gruppen. Hrsg. v. Gunter Schübert ... Münster (u. a.): Lit. 1994. 424 S. DM / sFr 34,80 / ÖS 271,50 (Demokratie und Entwicklung; 6)