Dem Klimawandel trotzen

Ausgabe: 2010 | 3

Der Klimawandel an sich steht also nicht mehr zur Debatte. Kein Zweifel besteht darüber, dass der Mensch für den rapiden Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre verantwortlich ist. Die Frage ist nur, ob er sich so begrenzen lässt, dass wir die Folgen bewältigen können. An Informationen über Ursachen und Auswirkungen mangelt es freilich nicht, aber anscheinend können wir davon nicht genug bekommen. Warum aber sollten wir unsere liebgewordenen Gewohnheiten ändern. Vielleicht, weil uns inzwischen die Geschwindigkeit der Veränderung Sorge bereitet. Das ist zumindest ein Ansatzpunkt im Beitrag des bekannten Fernsehmeteorologen Dieter Walch, der auf die dramatischen Beschleunigungen der Klimaerwärmung hinweist. Die Natur benötigt von einer Kalt- zu einer Warmphase rund 10.000 Jahre, der Mensch würde das in zwei Jahrhunderten schaffen und das sei, so der Experte, das eigentliche Problem. „Es ist nicht die Tatsache, dass sich das Klima ändert – das tut es immer -, sondern die Schnelligkeit, mit der es sich in diesem Jahrhundert ändern wird, wenn nicht gravierende Maßnahmen zur Emissionsminderung ergriffen werden.“ (S. 61)

 

 

 

Dritte Industrielle Revolution

 

Was muss also geschehen? Tatsache ist, dass sich der Klimawandel global und regional unterschiedlich stark negativ auswirken wird. Dieter Walch, der Autor ist als Fernseh-Meteorologe des ZDF allgemein bekannt, sind es drei Problemfelder, die gelöst werden müssen: das Bevölkerungswachstum, die Armut in der Dritten Welt und schließlich die Energieverschwendung im Westen. Die westlichen Industrienationen mit ihrer verschwenderischen Lebensweise stünden in der Verantwortung, „die Schädigungen einzustellen und die eingetretenen Schäden zu kompensieren“. Es gelte, eine „dritte industrielle Revolution auf den Weg zu bringen“ (vgl. S. 93). Im Sinne der inzwischen hinlänglich bekannten Vorgangsweise „Global denken, lokal handeln“ ist der Autor davon überzeugt, dass sich die Staaten- und Völkergemeinschaft dieser Aufgabe gemeinsam widmen werden (woran nach dem Scheitern der jüngsten, so gut wie ergebnislos verlaufenen Klimagipfeln allerdings auch erhebliche Zweifel angebracht sind).

 

 

 

Acht „E“-Worte

 

Sehen wir uns nichts desto trotz die Vorschläge Walchs näher an. Die Anpassung an die Folgen des Klimawandels hält er für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die tiefgreifende Änderungen notwendig erscheinen und sich mit acht „E“-Worten umschreiben lassen: Energie einsparen, Energie effizienter einsetzen, Emissionsfreie Energiesysteme entwickeln.

 

Welch enormes Sparpotential allein im Bereich „Energie einsparen“ genutzt werden könnte, zeigt Walch am Beispiel des Straßenverkehrs: In Deutschland waren am 1.1.2008 rund 41,2 Mio. Pkws mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von 15.000 km pro Jahr unterwegs. Würden die LenkerInnen nur die Einsparratschläge der Automobilclubs beherzigen, könnte auf alle 100 km zumindest ein Liter pro Fahrzeug gespart werden. Allein dadurch würde der CO2-Ausstoß pro Jahr um 14,6 Mio. Tonnen sinken und 8,7 Mia. EURO gespart.

 

 

 

Drei-Stufen-Rettungsplan

 

In Anbetracht der Tatsache, dass wir uns enorm schwer tun, unsere Gewohnheiten zu ändern, schlägt der Autor einen Drei-Stufen-Plan vor, um von der Lebensquantität zur Lebensqualität zu kommen. Stufe 1 geht davon aus, 10 Prozent bei Dingen einzusparen, auf die man nur schweren Herzens verzichten kann. In der Stufe 2 reduzieren wir 20 Prozent bei Dingen, wo es nicht so schwer fällt und schließlich sparen wir in Stufe 3 30 Prozent dort, wo es uns gleichgültig ist. Diese Sparmaßnahmen sollen innerhalb von sechs Monaten zur Gewohnheit werden. „Erst wenn nicht mehr über das Einsparen nachgedacht werden muss, werden nach dem Drei-Stufen-Plan die nächsten Reduktionsziele gesetzt.“ (S. 101) Diese Suffizienz-Strategie umfasst den gesamten Konsumbereich und beinhaltet neben der Reduzierung des Fleisch-, Alkohol- und Zigarettenkonsums etwa auch die Wahl der Verkehrsmittel. In einem ersten Schritt, so Walch, könnte z. B. die Zahl der Kurzstreckenfahrten mit dem Auto zugunsten des Fahrrads oder des öffentlichen Nahverkehrs reduziert werden. Schließlich zeichnet der Autor ein drastisches Bild des Nichtstuns. Klimakonflikte und Klimakriege wären die Folgen. „Schon heute haben 1,1 Milliarden Menschen keinen sicheren Zugang zu Trinkwasser. Diese Situation würde sich für 2 bis 4 Milliarden Menschen verschärfen.“ (S. 106) Ein Szenario des „Immer-weiter-So“ ist für den Fernsehmeteorologen keine Zukunftsoption. Wir müssen heute die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung stellen, so sein Kredo. A. A.

 

Walch, Dieter: Dem Klimawandel trotzen. Gewohnheiten ändern. Berlin: Siebenhaar-Verl., 2008. 110 S., € 14,80 [D], 15,20 [A], sFr 25,20

 

ISBN 978-3-936962-64-2