Klimawandel mal ganz anders erklärt: Die Infografikerin Esther Gonstalla hat ein wunderbares Buch zum Klimawandel „gezeichnet“: Basierend auf wissenschaftlichen Artikeln zum Thema erklären uns klar und einfach gehaltene Grafiken, wie Klimawandel funktioniert, welche Rolle der Mensch beim Klimawandel spielt, und was dessen weltweite Auswirkungen sind – mit kurzen Begleittexten, welche die Grafiken erläutern. Besonders motivierend ist das abschließende Kapitel mit Lösungsansätzen, dank derer man das Buch optimistisch weglegt (was in der Klimawandelliteratur eher die Ausnahme denn die Regel ist).
In der Einleitung verweist der renommierte Klimawissenschaftler Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam Institut für Klimaforschung auf die Notwendigkeit neuer Allianzen, zwischen Wissenschaft, Jugend und Kunst. Esther Gonstallas Werk verbindet diese drei Aspekte wunderbar: „Letzten Endes wird nicht jede*r einen Vortrag von mir oder von einem meiner Kolleg*innen hören bzw. ein tabellenschwangeres Buch über den Klimawandel lesen können – die Urfakten dahinter müssen viral werden!“ (S. 6).
Neben seiner Niederschwelligkeit ist das Klimabuch bemerkenswert breit – ein Panorama verschiedenster Aspekte, angefangen von physikalischen und chemischen Grundlagen über verschiedenste Ursachen des menschengemachten Klimawandels, wobei die Autorin immer wieder auch Fragen globaler Gerechtigkeit thematisiert: etwa, wenn sie darstellt, wie durch die Auslagerung produzierender Industrie in Billiglohnstaaten auch Klimatreibgase ausgelagert wurden – diese jedoch auf Grund unseres Konsums erst produziert werden: „China produziert so viel Kohlendioxid wie kein anderes Land der Welt. Ein beträchtlicher Teil der Emissionen wird jedoch von Fabriken ausgestoßen, die Waren für den Weltmarkt fertigen: Im Jahr 2016 waren es 904 Millionen Tonnen CO2“ (S. 36).
Auch die Digitalisierung, die oft als mögliche (Teil-)Lösung für den Klimawandel betrachtet wird, wird kritisch durchleuchtet, vor allem in Hinblick auf ihren problematischen Stromverbrauch. Was die Auswirkungen des Klimawandels anbelangt, greift die Autorin auch weniger belichtete Themen wie das Artensterben auf und stellt die konkreten Auswirkungen auf der Erderwärmung auf einzelne Weltregionen gekonnt dar, vor allem auf den globalen Süden, der besonders betroffen ist. So werden etwa Gründe und Auswirkungen von Klimaflucht in mehreren Darstellungen thematisiert. Zu den Lösungsansätzen gehören für Gonstalla nicht nur die Klassiker wie Energie-, Agrar- und Wirtschaftswende, sondern auch Klimawandelanpassung vor Ort, nachdem wir ja schon mitten im Klimawandel drin sind und Risiken für uns Menschen minimiert werden müssen (vgl. S. 94f.). Eine „Weltkarte des Wandels“ zeigt , wo es ermutigende Projekte und Initiativen gibt, eine weitere Grafik, was wir in unseren eigenen vier Wänden tun können.
Teilweise fehlt es an Präzisierungen, auch wenn alle Grafiken mit wissenschaftlichen Artikeln unterlegt werden – etwa wenn bemerkt wird: „Der weltweite E-Mail-Verkehr erzeugt genauso viele CO2-Emissionen wie 7 Millionen Autos“ (S. 43). Jährlich? Monatlich? Meist ist jedoch die Reduktion aufs Wesentliche gut gelungen – ein erfrischendes Buch zum Thema Klimawandel, mit großem didaktischem Mehrwert.