Ginge es nach den Demonstrationsberichten in den Massenmedien, so hätte sich der Widerstand gegen globalisierende, neoliberale Machtkartelle erst 1999 zur Gipfelkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle weltumspannend organisiert. Er soll(te) wohl durch die zunehmende Brutalität der „Sicherheitskräfte“ (jüngstes Beispiel: der G8-Gipfel in Genua) mundtot gemacht werden. Wenig bekannt ist, dass davor die mühsame, jahrzehntelange Basisarbeit vieler Initiativen liegt, die auch - wenn auch nicht so schnell wie die „neuen“ Bewegungen kommunizierend - weltweite Netzwerke aufgebaut haben. Das belegen die 24 Autorinnen und Autoren dieses Sammelbandes detailliert und umfassend, zum Teil in dem "International Forum on Globalisation (IFG)" mit seinem Koordinationszentrum in San Francisco vernetzt, in dem beide Herausgeber leitend tätig sind. Ihre vorrangige Funktion liegt in der Analyse und Reflexion von Erfahrungen, die sie aus politischen (Protest)Aktionen und auch aus alternativen Projekten - "Experimentierfelder einer gewaltfreien Veränderung von unten" - schöpfen. (Sie widerlegen damit das publizistisch eingehämmerte TINA-Dogma "There Is No Alternative").
Edward Goldsmith dokumentiert seit 1969 in seiner Zeitschrift „The Ecologist“ diese alten/neuen Alternativen.
In dieser Tradition stehen auch die Beiträge dieses Sammelbandes, die in drei Blöcken gruppiert sind: Technologien bzw. Auswirkungen der Globalisierung sowie Schritte zur Re-Lokalisierung. Die Analysen der Finanz- und Handelsstrukturen inklusive ihrer Global Players liefern vor allem Experten aus den USA (Lori Wallach, David Korten) und Kanada (Tony Clarke). Ihre Kritik der von den Lobbies der transnationalen Unternehmen dominierten Verhandlungen von GATT über MAI bis zur jetzt dominierenden WTO wäre ohne den zunehmenden Druck aus dem Süden um einiges weniger wirksam. Etwa Martin Khor, gestützt auf sein "Third World Network" aus Malaysia und Walden Bello mit seinem „Focus on the Global South“ in Thailand sind auch im „Norden“ ständig als Beobachter bei Konferenzen und als Impulsgeber bei alternativen Kampagnen präsent. Die Inderin Vandana Shiva, verteidigt mit Umwelt-, Konsumenten- und vor allem Bauernorganisationen die Biodiversität gegen die Patentierungs- und Ausbeutungsstrategien von Konzernen wie den Gentech-Multi Monsanto. Monopolisiert dieser v.a. die Produktionsmittel (z.B. Saatgut) so zerstören Supermarkt-Giganten wie Wal-Mart den Wettbewerb lokaler Händler und deren Arbeitsplätze. Die Zerstörung von im nordindischen Ladakh jahrzehntelang mühsam aufgebauten dörflichen Alternativprojekten als Folge einer „Entwicklung als Kolonialisierung“ dokumentiert Helena Norberg-Hodge. Trotz dieser Erfahrungen setzt sie - u.a. mit britischen Kollegen wie Colin Hines, Jules Pretty und Goldsmith - auf "Re-Lokalisierung", auf lokale Interdependenz anstatt globaler Abhängigkeit. Dies scheint in Bereichen wie Ernährung, Energie, lokale Währungen, aber auch Bildung und Kultur unterschiedlich gut zu funktionieren. Dass auch die politischen und makroökonomischen Machtstrukturen dadurch aufgebrochen werden, kann man vorerst nur hoffen. Dass das Buch keine Kontaktadressen enthält, ist umso bedauerlicher als die meisten Organisationen auf ihren homepages sowohl Grundsatztexte als auch aktuelle Zusatzinformationen zur Verfügung stellen. M. Rei.
The Case Against the Global Economy. And for a Turn Towards Localization. Ed. by Edward Goldsmith. London: Earthscan, 2001. 328 S., ca. DM 14,95 / sFr 14,- / öS 110,-