Abschied von der Konkurrenzgesellschaft

Ausgabe: 1996 | 1

Die Entsolidarisierung nach der Aufkündigung des Gesellschaftsvertrages der Nachkriegs- und Aufbaugeneration scheint in die sozialen Konflikte und Krisen unaufhaltsam voranzutreiben. Deregulierte Kräfte der Wirtschaft zwingen offenbar den einzelnen wie auch private und staatliche Organisationen zur "Aufrüstung und Nachrüstung gegen den Konfliktgegner" . "Ein krankhaftes Fieber der Konkurrenzgesellschaft" , wie es der Autor - prominenter Jesuit und Professor für Christliche Sozialwissenschaft treffend analysiert. Der Gesellschaftsvertrag der Nachkriegszeit, der auf Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, sexistischer Arbeitsteilung und einer teilautonomen Wirtschaftspolitik aufbaut, zerbricht an den Verteilungskämpfen um schrumpfende Ressourcen. Hengsbach konzentriert sich darauf, in seiner Analyse gelungener Beispiele einer Kooperation betroffener Bürger untereinander und mit ökonomischen und politischen Entscheidungsträgern Mut zu machen, einen zukunftsfähigen Gesellschaftsvertrag zu entwickeln. Wenn sich z. B. aus "Runden Tischen" heraus regionale Beschäftigungsgesellschaften entwickeln, könnte dies Impulse für einen Beschäftigungspakt, ein "Bündnis für Arbeit", bewirken. "Zivilgesellschaftliche Bewegungen" würden damit auch internationale Strukturen – u.a. als NGOs in UN-Konferenzen - beeinflussen. Ähnlich wie Ernst Ulrich von Weizsäcker in seinem Buch "Faktor 4" vertraut auch Hengsbach auf die Vernunft aller Beteiligten, auf ihre Einsicht in den gemeinsamen Nutzen, der dann auch gerecht verteilt werden wird. Eine fromme Hoffnung oder doch wirksame Ansätze für einen tiefgreifenden Umbau des zugrundeliegenden Gesellschaftssystems? M. Rei.

Hengsbach, Friedhelm: Abschied von der Konkurrenzgesellschaft. Für eine neue Ethik in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. München: Knaur, 1995. 240 S.,