Abfallvermeidung und ökologische Stoffflusswirtschaft

Ausgabe: 1992 | 4

Die Müllberge der (deutschen) Wohlstandsgesellschaft wachsen weiter. Die forcierte Abfallverwertung sowie Rücknahmepflichten für den Handel allein werden das Problem nicht lösen; erst eine konsequente Politik der Abfallvermeidung könnte die Müllmenge der BRD bis zum Jahr 2000 halbieren, so eine zentrale Aussage der nun in Buchform vorliegenden Untersuchung des Ökoinstituts Freiburg. Die Abfallstudie analysiert die Zusammensetzung und zukünftige Entwicklung des anfallenden Müllvolumens sowie seine Gefahrenpotentiale für die Umwelt, kritisiert die aktuelle Politik (z.B. Verpackungsverordnung, Einführung des "Dualen Systems") und gibt Anregungen für eine Strategie der Müllvermeidung. Vorgeschlagen wird eine "Stoffflußwirtschaft", die Ursachen statt Symptome bekämpft und bei den Produkten selbst ansetzt: ökologisch verträgliche und energiesparsame Herstellung, gegebener Produktnutzen (Verzicht auf überflüssige Produkte), hohe Lebensdauer und Nutzungsdichte, Reparaturfreundlichkeit sowie hochgradige Recycelfähigkeit (im Gegensatz zum herrschenden „Downcycling") sind dabei Kriterien einer ökologischen Produktbewertung. Dass die Realität in eine andere Richtung geht, zeigen die Autoren an einem aktuellen Beispiel: Die Entscheidung der Bundespost, auf das Monopol bei Telefongeräten zu verzichten, führte zu einem unüberschaubaren Markt billiger, nichtreparierbarer Geräte. An die Stelle des bisherigen langlebigen Produkts ist ein Wegwerfartikel getreten. Der "Abschied vom Müll" erfordere-so die Autoren abschließend - zumindest teilweise den Abschied von der Massenproduktion, was aber keineswegs Massenarbeitslosigkeit bedeuten würde, denn: "Langlebige, intensiv genutzte Produkte müssen sorgfältiger hergestellt und häufiger gewartet werden." Voraussetzung für die Umstrukturierung sei eine grundlegende Änderung der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen: "So muss Arbeitskraft billiger und Stoffverbrauch teurer werden", was durch Besteuerung von Rohstoff- und Energieverbrauch anstelle von Arbeitszeit zu erreichen wäre. Anzustreben sei eine neue Dienstleistungsgesellschaft. Ein Beispiel hierfür: "WindeIwaschdienste" als Ersatz für die ökologisch problematischen Einwegwindeln. H. H.

Abschied vom Müll. Perspektiven für Abfallvermeidung und eine ökologische Stoffflusswirtschaft. Ein Bericht des Ökoinstituts. Hrsg. v. Volrad WoIIny. Mit Beitr. v. Gudrun 80th ... Göttingen: Verl. Die Werkstatt, 1992.336 S., DM 38,- / sFr 32,20/ öS 296,40

 

Weiterführender Tipp: Besonders für österreichische Unternehmen von Bedeutung ist die als Nachschlagwerk konzipierte Publikation: Tiltmann, Karl; Strnad, Sabine: Recycling und Abfallbeseitigung. Das österreichische Praxishandbuch mit konkreten Lösungen zur wirtschaftlichen und rechtssicheren Reststoffbehandlung. Wien (u.e): WEKA-Verl., 1992, o.S.