Jahrhundertproblem Klimawandel

Ausgabe: 2010 | 3

Alles in allem wird es aber keine schnellen Lösungen geben. Der enttäuschende Ausgang des Weltklimagipfels in Kopenhagen hat uns dies eindrücklich vor Augen geführt. Mögliche Lösungswege stellt auch der folgende Titel des Wochenschau-Verlags zur Diskussion. Darin gibt Stefan Rahmstorf (Klimafolgenforscher in Potsdam) einen kompakten Überblick über grundlegende Begrifflichkeiten und Ursachen des Klimawandels, nennt die wichtigsten Fakten und erörtert einige der in Umlauf befindlichen Szenarien.

 

Die drei ökologischen Megatrends der Gegenwart sind für Ursula Fuentes, Harald Kohl und Michael Müller, Herausgeber des „UN-Weltklimareports“, 1.) die spür- und sichtbaren Auswirkungen des Klimawandels, 2.) die Endlichkeit natürlicher Ressourcen und 3.) die sich von Nord nach Süd umkehrende Entwicklung im Hinblick auf den durch die wirtschaftliche Dynamik verursachten Ressourcenverbrauch und die ökologischen Folgeprobleme. Die Politik müsse ihrer Ansicht nach absehbare Zukunftstrends erfassen, ein an der Leitidee der Nachhaltigkeit orientiertes stabiles ökonomisches und ökologisches Gleichgewicht schaffen und notwendige Umbauprozesse sozialverträglich organisieren. Die Schlüsselfrage der Zukunft sei daher der innovative und effiziente Umgang mit natürlichen Ressourcen. Der notwendige ökologische New Deal müsse zu einer Neudefinition des technischen Fortschritts führen und eine Enttabuisierung der Wachstumsfrage zur Folge haben, meinen die Experten.

 

Der Systemanalytiker Wolfram Krewitt erörtert die wesentlichen Ergebnisse des Energy (R)evolution Szenarios, das vom Ziel einer maximalen Temperaturerhöhung von zwei Grad Celsius ausgeht. Nach Beurteilung des Autors ist dieses Szenario bei einer entsprechenden Verlagerung auf erneuerbare Energie durchaus realisierbar. Ein weiterer Beitrag sieht das Problem umfassender und fordert eine internationale Energiediplomatie, die Energie- und Ressourcenfragen, Klimaschutz sowie geopolitische Interessen als Einheit zu denken wagt (Sascha Müller-Kraenner). Tilman Santarius wiederum diskutiert die Anforderungen und Ausgestaltungsoptionen für den Emissionshandel im Rahmen einer gerechtigkeitsfähigen Klimapolitik. Weiters thematisiert werden eine EU-Klimastrategie, der Zusammenhang von Mobilität und Klimaschutz sowie der Aspekt eines ökologisch zeitgemäßen „Ablasshandels“ (freiwillige CO2-Kompensation).

 

Schließlich beschreiben Nico Stehr (Kulturwissenschaftler) und Marian Adolf (Kommunikationswissenschaftler) die „Moralisierung der Märkte“, wonach KonsumentInnen immer häufiger nach ethischen Kriterien entscheiden. Sie wagen dabei einen kritischen Blick darauf, ob es sich um einen bloßen Trend des „Greenwashing“, um einen von Besserverdienenden gepflegten „Lifestyle“ oder um eine grundlegende Entwicklung handelt, die als Vorreiter für Produktion und Konsumtion nach ethischen Kriterien gelten kann. Dabei sind sie aber „nicht der Ansicht, dass die Moralisierung der Märkte einen Bruch mit dem Kapitalismus signalisiert“ (S. 224). Vielmehr glauben sie an die Umgestaltung des Kapitalismus durch langfristige gesellschaftliche Transformationsprozesse. A. A.

 

Jahrhundertproblem Klimawandel. Forschungsstand, Perspektiven, Lösungswege. Hrsg. v. Susanne Böhler …Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verl., 2009.237 S., € 16,80 [D], 17,30 [A], sFr 29,40, ISBN 978-3-89974457-6