Der etwas blumige Titel spielt auf eine Kindheitserinnerung Weizsäckers an: In einer sternenklaren Nacht erlebt der Zwölf jährige die transzendentale Faszination der Natur in der Schönheit ihres chemischen und physikalischen Aufbaus. Diese beiden Denkweisen und Erklärungsmodelle gilt es zu einer gewissen Harmonie zu koordinieren, bzw. ihre Widersprüchlichkeit quasi dialektisch aufzuheben. Dabei genügt es nach Weizsäcker nicht, Gott als einen planenden Konstrukteur der Welt zu begreifen, um die gedanklich so schwer realisierbare Einheit von Göttlichem und Realem nachzuvollziehen. Derartige Fragen werden aber heute weitgehend so nicht mehr gestellt, denn Fortschritt, Wissenschaft und die aus ihr generierte Technik haben vielfach Wertigkeit und Stelle der Religion übernommen. Die auch dadurch für Gegenwart und Zukunft entstandenen bedrohlichen Relationen zwischen Mensch und Natur, Arm und Reich, Mann und Frau, Krieg und Frieden bedürfen der Rückbesinnung auf (christliche) Religion, orientiert an der Bergpredigt. Denn die anstehenden Probleme können ausschließlich in globaler Kooperation unter Berücksichtigung ethischer und funktioneller Komponenten einer Lösung nähergeführt werden. "Funktionell" meint, dass die Handlungsfähigen im Sinne einer praktischen, nicht einer ideologischen Vernunft aktiv werden. Das aber setzt voraus, dass die Ethik der Bergpredigt die Akzeptanz der potentiellen „Konfliktlöser" auf sich ziehen kann, was bislang nicht der Fall ist. S. Sch.
Weizsäcker, Carl Friedrich von: Die Sterne sind Glaskugeln und Gott ist gegenwärtig. Über Religion und Wissenschaft. Freiburg (u.a.): Herder, 1992. 187 S. (Spektrum Band; 4077) DM 16,80 / sFr 14,20 / öS 131