Syrischer Jihad

Ausgabe: 2015 | 1
Syrischer Jihad

islamischerstaatDie Formierung eines militanten Islamismus in der syrischen Stadt Hama (1963/1964) und der sich daran anschließende Krieg (bis 1982), der Irakkrieg als Auftakt zum zweiten syrischen Dschihad und eine Darstellung des Zusammenhangs zwischen den Bewegungen des Arabischen Frühlings und dem Dschihad sind Ausgangspunkt einer umfangreichen, mit zahlreichen Originaltexten angereicherten Darstellung zur Genese des IS, die der 1982 geborene Islamwissenschaftler und im Verfassungsschutz tätige Autor mit diesem Band vorliegt. Ausführlich schildert Behnam T. Said die Entwicklung des IS im Irak und in Syrien sowie die Auseinandersetzung zwischen Al-Quaida und ISIS um die Errichtung des Kalifats, beschreibt die „grenzenlose Ideologie“ dieser Bewegung und benennt – mit Verweis auch auf die Geschichte des spanischen Bürgerkrieges – die Rolle ausländischer Kämpfer in Syrien. Ein eigenes Kapitel widmet Said den im Westen tätigen Wegbereitern deutschsprachiger IS- Kämpfer. Dabei wird ausführlich auf die Rolle des in Wien tätigen Mohamed Mahmoud und, gewissermaßen stellvertretend, auf die Geschichte des Berliner Ex-Rappers Denis Cuspert und dessen Motive eingegangen, sich dem IS anzuschließen. Interessant im Kontext der jüngsten Anschläge in Europa ist der Hinweis auf eine Studie des dänischen Terrorismusexperten Thomas Hegghammer, wonach westliche Dschihadisten „mehrheitlich dazu tendieren, sich militanten Gruppen im Ausland anzuschließen und dass nur eine Minderheit in dem erfassten Zeitraum [1990-2010] versuchte, Anschläge vor der Haustüre zu begehen“ (S. 168). Die europäischen Staaten, so ein weiterer Befund, hätten kaum legale Möglichkeiten, IS-Sympathisanten an der Ausreise zu hindern, da sie „keinen Strafbestand für die Teilnahme an einem im Ausland stattfindenden Krieg kennen“ (S. 172).

 

Bei den Auseinandersetzungen in Syrien, so Said, handle es sich nicht um einen Bürgerkrieg; vielmehr werde in „einer seit Langem schwelenden Rivalität um die Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten“ (unter Einbeziehung geopolitischer Interessen) gekämpft (vgl. S. 175ff.). Mit der Proklamation des Islamischen Staates im Juni 2014 werde sich, so eine abschließende Prognose des Autors, „das ethnische, religiöse, soziale, wirtschaftliche und politische Gefüge des Nahen und Mittleren Ostens langfristig und schwerwiegend verändern“ (S. 197). Walter Spielmann

 

Said, Behnam T.: Islamischer Staat: IS-Miliz, al-Qaida und die deutschen Brigaden. München:

C. H. Beck, 2014 [3.Aufl.]. 223 S. 14,95 [D], 15,40 [A], sFr 21,90

ISBN 978-3-406-67210-1