Mario Keßler

Ossip K. Flechtheim

Ausgabe: 2008 | 2

Der in Jena am Zentrum für Zeithistorische Forschung tätige Geschichtswissenschaftler Mario Keßler hat eine detaillierte Biografie von Ossip K. Flechtheim (1909-1998) vorgelegt. Keßler zeichnet in dem 300 Seiten umfassenden Buch nicht nur das bewegte Leben Flechtheims als Futurologe und unermüdlicher Wissenschaftler nach, sondern vermittelt durch wertvolle Informationen über sein privates Leben auch ein ganzheitliches Bild des Menschen Flechtheim.

Das engagierte Verhalten Flechtheims als Parteien- und Kommunismusforscher und Mitbegründer der futurologischen Disziplin wäre ohne das Wissen um seine Kindheits- und Jugenderlebnisse, die Erfahrungen im nationalsozialistischen Deutschland, die Zeit im US-amerikanischen Exil, seiner Ehe mit Lili Flechtheim, geb. Faktor, oder seiner langjährigen Freundschaft mit Robert Jungk und John Herz nicht voll verständlich.

Keßler stellt den Lebensweg Flechtheims detailliert in vier chronologisch geordneten Kapiteln dar: 1. Kein Platz für Patriotismus: Eine Jugend in Deutschland; 2. Exilerfahrung und Politische Wissenschaft; 3. Politische Bildung zwischen Restauration und Aufbruch; sowie 4. Futurologie, Ökologie und Sozialismus. Bei der Lektüre beeindruckt die Bewegtheit der politischen und gesellschaftlichen Umstände, unter denen und mit denen Ossip K. Flechtheim leben und arbeiten musste. Nicht umsonst hat der Autor als ersten Satz seines Vorworts ein Zitat Flechtheims gewählt, das eben diesen Aspekt zum Ausdruck bringt: „Geboren in Rußland, aufgewachsen in Deutschland, eingebürgert in Amerika, seit 1951 Lehrer an einer Berliner Hochschule und Angehöriger einer Schicksalsgemeinschaft, die seit 1933 Unsägliches gelitten hat, fühle ich mich nach wie vor als ein Bürger der alten und der Neuen Welt […].“ Der Autor erzählt Im Folgenden das Leben und Wirken Flechtheims aufgrund ausführlicher Recherchen und unter Verwendung sehr vieler Dokumente und Quellen nach, darunter auch Gespräche und Korrespondenzen mit Zeitgenossen und persönlichen Bekannten von Ossip K. Flechtheim.

Die Biografie lässt auch in formaler Hinsicht wenig Wünsche offen: Eine ausführliche Dokumentation der verwendeten Quellen enthält u. a. eine chronologisch geordnete Publikationsliste Flechtheims, eine Auflistung der wichtigsten Publikationen über Flechtheim sowie eine Sektion mit weiterführende Literatur, die für an Zukunftsforschung Interessierten einige wertvolle Angaben enthält. Eine Zeittafel mit den wichtigsten Ereignissen und Erlebnissen in Flechtheims Leben ist ebenso enthalten wie ein Personenregister und eine sehr geraffte Zusammenfassung der gesamten Biographie in englischer Sprache.Mario Keßler gebührt Dank dafür, das Leben und Wirken einer bemerkenswerten Persönlichkeit in einer sehr lesenswerten Biografie dokumentiert zu haben.