Neue Aufgaben und Felder der Zukunftsforschung

Ausgabe: 1992 | 1

An der Evangelischen Akademie Loccum besitzt die Zukunftsforschung ein Heimrecht. Nach 1972, als an dieser Stelle erstmals ein Internationales Kolloquium zum Thema abgehalten wurde, fand Anfang November 1990 eine weitere Tagung statt, die geänderte Erwartungen und Anforderungen vor allem auch unter dem Eindruck des politischen Wandels in Osteuropa thematisierte. Unter dem Titel „Europa 2000: Ostzukunft - Südzukunft" plädierte Robert Jungk dafür, Prognosen nicht verbindlich festzuschreiben, sondern sensibel auch auf die "leisen Signale" hinzuhören. Die Entwicklungen in der Dritten Welt dürften ebensowenig "eher herablassend" kommentiert wie die wachsende Rolle der Frauen, der Jugend und der Arbeitnehmer verkannt werden. Launisch, gehaltvoll und in letztlich düsterer Perspektive äußerte sich Rolf Schwendter zu "Struktur und Zukunft der Bedeutung der dezentralen Bewegungen"; Helmut Krauch berichtete über die Erwartungen der Bundesregierung an die Zukunftsforschung und analysierte Hintergründe der Konsumorientierung breiter Bevölkerungskreise. Eine Reihe kürzerer Beiträge beschäftigte sich exemplarisch mit Arbeitsfeldern gegenwärtiger Zukunftsprojekte: Europa, Partizipation, Gesund~8Itsund Sozialpolitik. Unter dem Titel "Vorgangswelsen, Methoden und Inhalte gegenwärtiger Zukunftsforschung" wurde "Methoden von unten" breiter Raum gegeben (N. Müllert, M. Lechler, W. Häcker, P. Dienel), Werner Pieper berichtete über die Arbeit Nicholas AIberys und das von ihm geleitete "Institute for Social Inventions" in London; mit je einem Beitrag zur Praxis kommunaler Lebensformen (G. Seitz) und über "Unorthodoxe Beratungsangebote " wie Astrologie, Geistiges Heilen, Reinkarnationstherapie (Chr. Schubert Weller) wurden Themen angesprochen, die wohl nicht von jedermann als eigentliche Aspekte der Zukunftsforschung verstanden werden. Ins Schema passte da wohl eher der nicht unwidersprochen hingenommene und für die Publikation leicht modifizierte Beitrag von Chr. Zöpel zur Dichotomie der Zukunftsforschung hinsichtlich der Möglichkeiten und Grenzen staatlichen Handelns einerseits und den Vorstellungen sozialer Basisgruppen andererseits. Walter Spielmann

Menschenbeben. Neue Aufgaben und Felder der Zukunftsforschung. Hrsg. v. Olaf Schwencke. Loccum: Eigenverl. d. Evangel. Akademie, 1991. 237 S. (Loccumer Protokolle; 61/'90) DM 12,- / sFr 10,10 / öS 93,60