Fundamentalismus in der verweltlichten Kultur.

Ausgabe: 1992 | 1

Fundamentalismus gilt heute als Schreckgespenst "aufgeklärter" Moderne und ist zugleich zu einem Modewort geworden. Gegen die allgemeine Inflation des Terminus wendet sich Hemminger einleitend und bietet eine Begriffsklärung: Er bezeichnet damit absolut gesetzte Wahrheiten und Wissensgebäude in religiöser, weltanschaulicher und politischer Hinsicht. Die Verfasser, überwiegend Theologen und Mitarbeiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, versuchen, unsere mit dem Wort verbundenen apokalyptischen Vorstellungen durch den Hinweis auf eigene Fundamente zu relativieren. Zunächst analysiert R. Hummel solche Tendenzen im Hinduismus und im Islam. Er kommt zu der Auffassung, dass die entsprechenden Aufbrüche der Gegenwart "Teile des Nord-Süd-Konflikts" und Ausdruck des Versuchs sind, die religiös-kulturelle Selbstbestimmung zurückzugewinnen. Weitere Aufsätze beschäftigen sich mit dem katholischen Traditionalismus (A. Schifferle) und dem Protestantischen Fundamentalismus (P. Zimmerling) sowie entsprechenden Strömungen der Bibelexegese (W. Thiede). Das Verhältnis von Fundamentalismus und Wissenschaft am Beispiel des Kreationismus beleuchtet danach der Herausgeber. G. Küenzlen schließlich sieht in dieser Haltung die Folge einer Krise der säkularen Kultur, eine modernitätskritische Bewegung, die der Unsicherheit moderner Zivilisationsdynamik und dem Wertepluralismus einen absoluten Geltungsanspruch entgegensetzt. Wichtig ist ihm die Auseinandersetzung mit dem Thema, weil es zur Beschäftigung mit der eigenen Tradition zwingt. Sein Aufsatz endet mit einem Plädoyer für den Dialog, obwohl der Gegenseite die Bereitschaft zum Gespräch nicht zugetraut wird. Voraussetzung dafür wäre die selbstkritische Auseinandersetzung mit der eigenen Position. AA

Fundamentalismus in der verweltlichten Kultur. Hrsg. v. Hansjörg Hemminger. Stuttgart: Quell-Verl., 1991.252 S., DM 26,80/ sFr 22,70 / öS 209