Nach offiziellen Angaben haben sich innerhalb eines Jahrhunderts bei uns die Arbeitszeit halbiert, die Lebenserwartung verdoppelt und die Realeinkommen verachtfacht. Wir nähern uns scheinbar paradiesischen Zuständen, doch sind diese angesichts der Gegensätze von Ökonomie und Ökologie, von Konsumguantität und LebensQualität, Technokratie und Demokratie sehr bedroht. Mäder will einen kleinen Beitrag zur Vermenschlichung der Lebenswelt leisten. Er beschreibt, wie wir unsere Freizeit verbringen, analysiert auftretende Probleme und skizziert schließlich mögliche Auswege. Ausgehend von Aussagen einiger philosophisch-soziologischer Koryphäen setzt sich Mäder mit den Begriffen Arbeit und Freizeit auseinander, um ihrem Wesen auf die Spur zu kommen. Interessant sind dabei die differenzierten Bedeutungen im Kontext des sozialen Wandels. Im christlichen Schöpfungsbericht wird bereits der siebte Tag als Freizeit verordnet. In der Reformationszeit geriet Arbeit zum eigentlichen Lebenszweck, Muße wurde als "Trägheit" abqualifiziert, während in unserem Jahrhundert die Kommerzialisierung der Freizeit im Vordergrund steht. Eingehend beschäftigt sich Mäder mit der (Umwelt-) Belastung durch Freizeitgegenstände, Auto-Mobilität, Freizeitparks und Massentourismus. Doch sind Anzeichen einer Entwicklung von den 3F (Fernsehen, Flaschenbier, Filzpantoffeln) zu den 5S (Selbermachen, Selbstentfaltung, Sozialkontakt, Sich Entspannen und Spaß) unverkennbar. Der Autor skizziert Leitlinien einer neuen Selbsthilfegesellschaft, in der Raum für selbstbestimmte Aktivitäten geschaffen, die Einschränkung des privaten Automobilverkehrs sowie die Demokratisierung aller Lebensbereiche einschließlich der Freizeit realisiert wird. Arbeitslosigkeit wird als Weiterentwicklung von Freizeit und nicht als Warten auf Arbeit verstanden. Die Qualität unserer Freizeit wird aber auch vom Wandel der Geschlechterbeziehungen abhängen. Angesichts der Naturzerstörung sind zudem pädagogische Programme zu entwickeln, die uns zu "sinnvoller Freizeitgestaltung" animieren und individuellen Vorstellungen des Sich-Wohl-Fühlens entsprechen.
Mäder, Ueli: Frei-Zeit. Fantasie und Realität. Mit Cartoons von Heinz Pfister. Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung. Zürich: rotpunkt-Verl., 1990. 194 S., DM 20,-/ sFr 20,-/ öS 156