Evolution und Probleme genereller Determiniertheit

Ausgabe: 1988 | 2

Entgegen der Vorstellung, der Evolutionsprozeß laufe nach dem Prinzip "Zufall und Notwendigkeit" (Monod) ab, versucht Rensch nachzuweisen, daß eine generelle Gesetzmäßigkeit gegeben ist.

Die Frage, ob auch die Phase der höheren Lebewesen und Menschen auf das Wirken von Naturgesetzen zurückgeführt werden kann, entwickelte sich für den Autor anhand eines Beispiels aus der unbelebten Natur: Wenn sich die Sonne nach einigen Milliarden Jahren aufbläht, wird die weitere Entwicklung der Erde wieder nur von physikalischen und chemischen Prinzipien und universal logischen Gesetzen bestimmt - wie in den ersten Jahren nach ihrer Entstehung vor etwa 4,6 Milliarden Jahren. "Die Ordnung des Universums beruht aber auch auf basalen Gesetzen der Logik, die schon bestanden haben müssen, ehe es Menschen gab, deren Denken sich dann, speziell bei Schlußfolgerungen, an die logische Weltgesetzlichkeit anpassen mußten, um falsches Verhalten zu vermeiden." Menschliches Denken ist also, und diesbezüglich ist der Verfasser einig mit Hobbes und Spinoza, nicht frei, sondern motiviert, also kausal hirnphysiologisch determiniert. Diese Determiniertheit beruht auf den Fortschritten von Wissen, darauf beruhenden Techniken und sozialen Einrichtungen, die durch positive Auslese zustande kamen.

Rensch versucht den Nachweis zu führen, daß anorganisches wie organisches Geschehen durch gesetzartige Prinzipien determiniert ist, "oder daß dies als wahrscheinlich bezeichnet werden kann". Da die meisten Denkprozesse zu kompliziert sind, um derzeit analysiert zu werden, können die von Rensch angenommenen Voraussetzunqen in diesem Bereich empirisch nicht nachgewiesen werden. Darüber hinaus beschreibt der Autor am Beispiel der christlichen Religion psychologische Muster des Determinismus. Als deren Voraussetzung nennt er Beobachtungen von Sterbenden und den Hang des Menschen, sich in schwierigen Lebenslagen einer schützenden Macht anzuvertrauen.

Im Hinblick auf die physiologische Struktur des Menschen geht Rensch davon aus, daß sich im Ablauf des Geschichtsprozesses nichts ändern wird: "Da die natürliche Auslese durch religiöse und ethische Hemmungen weitgehend ausgeschaltet ist, besteht die Gefahr, daß Erbschäden, deren Effekt medizinisch korrigierbar ist,zunehmen. Die nicht erblichen Hirnleistungen werden zu weiteren Fortschritten des Wissens und der Techniken führen. Religionen werden, etwas abgeschwächt, erhalten bleiben. Rangordnungsstreben und Ruhmsucht werden weiterhin politische Vernunft mindern."

Es ist sicherlich nicht Zweckoptimismus, die zunehmende Ausbildung kreativen Potentials für möglich zu halten, wie u. a. Riedl, Laszlo und Prigogine mit guten Argumenten annehmen. Nicht nur sie behaupten, daß sich die menschliche Spezies gerade durch die Fähigkeit auszeichnet, in scheinbar aussichtslosen Situationen unerwartete Lösungen zu finden.

Rensch, Bernhard: Probleme genereller Determiniertheit allen Geschehens. Berlin (u. a.): Parey, 1988. 121 S. DM 34,- / sFr 28,80 / öS 365,20