30 Trends für Österreich zur Jahrtausendwende

Ausgabe: 1996 | 2

Unterteilt nach den Subsystemen Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik, listen die Autoren des Wiener Instituts für Trendanalysen und Krisenforschung dreißig Trends für Österreich auf, die freilich großteils auf spätindustrielle Gesellschaften generell zutreffen (oder auch nicht zutreffen) und nur teilweise Österreichspezifika aufweisen, so etwa in den Veränderungen, denen sich die Alpenrepublik durch den EU-Beitritt gegenübersieht. Dementsprechend bunt sind die angesprochenen Themen, die vom Telematik-Boom über die Pluralisierung der Lebensstile und Arbeitsverhältnisse bis hin zur Wiederentdeckung des Regionalen und, in seiner Negativform, der Rückkehr des Nationalen reichen. Der Leser findet eine Vielzahl neuer Begriffsbildungen: vom "multioptionalen Verbraucher", der nicht mehr berechenbar ist, da er zwischen Luxuskonsum, Askese und Billigstangeboten pendelt, über die "DINKS" (Double Income No Kids-Familien als neue Lebensform) und die "PUPPIEs" (Poor Urban Professionels als verarmende Freiberufler in den Großstädten) bis hin zum “Patchwork-Haushalt. in den Kinder aus unterschiedlichen Lebensgemeinschaften eingebracht werden. Begrüßt werden etwa die Chancen der Informationsgesellschaft, kritisch beleuchtet der "Wellness- und Spiritualitätsboom". Dem Konsumhedonismus, dem. meist das Gefühl der Leere folge, wird die baldige Überschreitung seines Zenites vorausgesagt, ihm folge der" Backlash einer versuchten Besinnung auf gemeinsame Werte und Normen". Gut gelingt die Reflexion über Moderne und Postmoderne sowie deren Spiegelung in den Alltagswelten, etwa in Anlehnung an Klaus Beymes Klassifizierung des postmodernen Paradigmenwechsels. Doch auch hier sei bereits wieder eine Trendwende angesagt: der Dekonstruktion aller Gewißheiten folge die Rekonstruktion neuer Werte. Daß sich die Autoren sozial- wie umweltpolitischen Anliegen verbunden fühlen, machen die abschließend formulierten Herausforderungen für die "Politik der Jahrtausendwende" deutlich: Die gerechte Verteilung von Arbeit und Einkommen als Strategie gegen die (weitere) Spaltung der Gesellschaft, ein neuer Generationenvertrag zur Verhinderung eines Kollaps der Pensionsversicherungen, Öko-Steuern nach dem Verursacherprinzip sowie die Reduzierung des Staates auf seine Kernaufgaben, um diesen handlungsfähig zu halten, werden dabei als deren wichtigste Aufgaben benannt. Die Stärke des Bandes, der Überblickscharakter eines Nachschlagewerkes über gegenwärtige und zukünftige Trends, ist zugleich eine gewisse Schwäche: Die Phänomene werden zwar benannt, doch fehlt vielfach der Platz, ihnen wirklich auf den Grund zu gehen. H. H.

Weinzierl, Rupert; Haerpfer. Christian: 30 Trends für Österreich zur Jahrtausendwende. Wien: Passagen-Verl., 1995. 258 S.