Sackgasse Europa: der Euro kommt, die EU zerbricht

Ausgabe: 1998 | 3

Als ausgezeichneter Kenner europäischer Politik macht sich Newhouse Gedanken über die Zukunft Europas. Zunächst diagnostiziert er das Ende des nationalstaatlichen Einflusses und das Erstarken der Regionen. Regionen freilich verstanden als Wirtschaftszentren, etwa Katalonien, Baden-Württemberg oder der „Alpendiamant" Lyon, Turin oder Genf. In penibler Analyse gelingt ihm die Darstellung der Ursachen für den enormen Aufschwung solcher Musterregionen: Weitgehend losgelöst von nationalen Machtzentren agieren Regionen problemspezifischer, dynamischer, flexibler und können damit weltweit oft besser konkurrieren als die Nationalstaaten.

Demgegenüber bemühen sich die nationalstaatlichen Gebilde Europas, ihren Einfluß zu retten und verheddern sich in divergierenden machtpolitischen Egoismen.

Namentlich untersucht Newhouse die Rolle Deutschlands, dem er mangelnden machtpolitischen Willen vorwirft, sowie Frankreichs bzw. Englands, deren Rolle in der EU er als nicht integrativ, sondern auf den eigenen Vorteil bedacht sieht. Scheitern werde das Projekt der EU, weil sich die ungleichen Interessen nicht unter einen Hut bringen lassen, weil Europa nicht bereit und fähig ist, seine Machtposition militärisch zu definieren – für den US-Amerikaner ist die Bedrohung durch Rußland mindestens so relevant wie während des Kalten Krieges – und weil der Euro als einheitliche Währung durch einen politischen Kraftakt durchgesetzt wurde, obwohl er von den Bevölkerungen nicht akzeptiert wird. Deshalb werde die Einheitswährung den Volkswirtschaften mehr schaden als nutzen. Das europäische Kunstprodukt EU habe deshalb keine Chance, weil die jetzt zu ergreifenden Herausforderungen nicht wahrgenommen würden und der Kraftakt der Integration damit nicht die notwendige Dynamik besitze. 

Für Europäer interessant ist das Buch allemal, da es kompetent aus nicht europäischer Sicht die "blinden Flecken" vermeidet denen wir bei der Betrachtung der „Tagespolitik“ oft unterliegen. Freilich enthält sich Newhouse nicht der stereotypen Einforderung von Bestandteilen der amerikanischen Identität wie Demonstration machtpolitischer Stärke, ungebrochenem Fortschrittsglauben und immer wieder auch Skepsis gegenüber regionaler Eigenständigkeit.

G.W. 

Newhouse, John: Sackgasse Europa. Der Euro kommt die EU zerbricht München: Droemer; 1998. 368 S., DM 39,80/ sFr 37,- / öS 291,-