Staatsversagen

Ausgabe: 1987 | 1

Industrien wie die Elektrizitäts- und Automobilwirtschaft werden durch Steuerbegünstigung und Subventionen stark bevorzugt. Die Kosten im Gesundheitswesen explodieren bei der Behandlung und nicht bei der Vorsorge. Die gegenwärtige Wirtschaftspolitik begünstigt die alten Schornsteinindustrien. Die Schuldenpolitik der meisten westlichen Industrieländer dauert nun fast zwei Jahrzehnte an. Soweit einige Beispiele zur Praxis aktueller Politik. Staatsversagen bedeutet ökonomisch gesehen ein Missverhältnis von Preis und Qualität bei öffentlichen Gütern; politisch bedeutet es die Unterlassung von Entscheidungen, die längst überfällig sind. Als generelle Alternative sieht Jänicke den Abbau von Machtstrukturen, die in Industrie und Bürokratie durch einen »hierarchischen Zentralismus« besonders ausgeprägt sind. Diesem sei durch Dezentralisierung und durch Schaffung neuer Gegengewichte von »oben und unten, innen und außen- entgegenzuwirken, die den Bürger in die Verantwortung einbindet: »Es gibt keine Instanz, die dem Bürger diese Aufgabe abnimmt. Was wir nicht selbst verhindern, wird nicht verhindert.« Der Autor spricht aus, was Skeptiker gegenwärtiger Politik nicht zuletzt durch Hinwendung zur grünen Bewegung in die Praxis umzusetzen versuchen. Mehr als bisher gilt es jedoch, die Kritik durch positive, kreative Alternativen zu erweitern und die eigenen Interessen konsequent wahrzunehmen. Wenn das gelingt, gelten die gewählten Entscheidungsträger nicht länger als Sündenböcke für Entscheidungen, auf die sie selbst kaum noch Einfluss haben.

Jänicke, Martin: Staatsversagen. Die Ohnmacht der Politik in der Industriegesellschaft.  München (u.a.): Piper, 1986.227 S.