Graswurzelbewegungen und neue Weltordnung

Ausgabe: 1992 | 4

Haben Basisinitiativen eine reale Chance, Entscheidendes zu einem weltweit wirksamen Wandel beizutragen? Oder werden sie zunehmend zu Opfern einer   "Neuen Welt(un)ordnung", die den westlichen Kapitalismus als unumstrittenen Sieger vergötzt? Dem von "Graswurzelbewegungen " propagierten "Dritten Weg" als eine ökologische, soziale und gewaltfreie Alternative haben Meinungsmanipulatoren weltweit den Kampf angesagt. Diese Mechanismen vor Augen, bemüht sich Jakob von Uexküll auf seine Weise gegenzusteuern. Gespeist aus seinem Privatvermögen hat er 1980 erstmals beispielgebende Initiativgruppen und einzelne Aktivisten mit dem "Right Livelihood Award" (besser bekannt als "Alternativer Nobelpreis") bedacht. Manche der in den folgenden zwölf Jahren so Ausgezeichneten schützte die damit verbundene internationale Publizität vor sich verstärkender Repression und ließ manches mitleidige Lächeln über die "alternativen Phantasten" verstummen. Paul Ekins, 1987-1990 Forschungsdirektor der Stiftung, knüpft nicht nur inhaltliche Querverbindungen zwischen einem Großteil der Prämierten, sondern bezieht weitere ebenso wichtige Initiativen (aus den über 300 Nominierten) mit ein. Ohne die Grenzen ihrer Ausstrahlung zu leugnen, zeigt er in einer Fülle von Beispielen auf, wie engagiertes und vernetztes Handeln in regionalen wie internationalen Dimensionen eine Gegenkraft gegen die wachsende Resignation entwickeln kann. Uexküll nennt die Praktiker in seinem Vorwort treffend „possiblists". Viele von ihnen sind vor allem dann in Schwierigkeiten geraten, wenn sie als Einzelkämpfer auf traditionellen, legalistischen Wegen versuchten, gegen die" Weltordnungsmacher" zu agieren. Auf die Frage, wo und wie Dialog und Zusammenarbeit mit diesen sinnvoll und vertretbar sind, können Ekins und Uexküll auch nur auf ein Lernen aus (bitteren) Erfahrungen verweisen. Wie Uexkülls "Projekte der Hoffnung" und Jungks "Katalog der Hoffnung" ist auch Ekins Buch mit den raschen Veränderungen - von geänderten Adressen bis zu (politischen) Umbrüchen - konfrontiert, die nur eine schnell aktualisierbare, computergestützte Datei verarbeiten könnte. Technische Kommunikation allein reicht jedoch nicht aus, um die belastenden Folgen des Engagements zu bewältigen, wie auch der tragische Tod Petra Kellys und die Krisen weiterer Aktiver zeigen. M. R.

Ekins, Paul: A New World Order. Grassroots movements for Global Change. London (u.a.): Routledge, 1992. 248 S., f 9,99