Helena Norberg-Hodge über Umweltentwicklungen

Ausgabe: 1992 | 4

Aus mehreren Gründen verdient dieser Band, der Vorträge und Statements einer Tagung der "International Society for Ecology and Culture" (ISEC) und der schwedischen Sektion von "Friends of the Earth" aus dem Jahr 1991 der breiteren Öffentlichkeit zugänglich macht, hervorgehoben zu werden. Vor allem benennen die in vier Abschnitten („Environment and Development". "Modernisation and Culture", „Society and Ecology" und „Fostering Alternatives") gruppierten Beiträge, denen eine weit mehr als nur resümierende Einführung vorangestellt ist, eine ungewöhnliche Palette der Bemühungen um eine dauerhafte Weltordnung, jenseits der Rezepturen von Weltbank, Währungsfonds und GATI. Es sind primär die überraschenden, konstruktiven Stimmen von Vertretern aus allen Teilen der Dritten Welt, die zu denken geben. Dass die Maximen der "freien Wirtschaftsordnung" nicht Lösung, sondern Ursache von Hunger und Überbevölkerung sind, wird ebenso deutlich wie die Tatsache, dass die Projekte einer aufgeklärten Postmoderne vielfach verlorene Selbstverständlichkeiten traditioneller Kulturen neu zu entdecken suchen. Die Beweggründe der norwegischen Anti-EG-Initiative und die beachtenswerten Erfolge schwedischer Öko-Aktivisten auf lokaler und politischer Ebene verdeutlicht bei aller Differenz im Detail, dass die nach Alternativen Suchenden der Ersten Welt jenen Lebensinhalten und Erfahrungen auf der Spur sind, die beispielsweise den Menschen in Ladakh selbstverständlich waren, ehe sie den Verlockungen der Moderne erlagen. Die Vielfalt der Themen und Anliegen, die in den insgesamt 18 Beiträgen des Bandes teils sachlich-kritisch, teils im Duktus persönlicher Betroffenheit vermittelt werden, ist zu komplex, um auch nur angerissen zu werden. Wer dieses Buch zur Hand nimmt, wird in erster Linie darin bestärkt, dass es weltweit eine wachsende Zahl von Menschen gibt, die angetreten sind, um dem vermeintlich allgemeinbeglückenden Muster des typisierten Wohlstands durch eine von Rücksicht und Respekt geprägte Kultur der Vielfalt entgegenzuwirken. Wer über den sprichwörtlichen Tellerrand hinausblicken will, wird vor allem auch die im Anhang ausgewiesenen Adressen zu schätzen wissen, die zu weiteren Kontakten einladen. (Bezugsadresse: ISEC, 21 Victoria Square, Clifton, Bristol, BS84ES, UK). Walter Spielmann

The Future of Progress. Reflections on Environment & Development. Mit Beitr. v. Edward Goldsmith ...  Hrsg. v. Helena Norberg-Hodge ... Clifton, Bristol (u.a.): ISEC, 1992. 232 S., DM 11,20/ sFr 9,50/ öS 87,50 

 

Weiterführender Tipp: Zum Thema auch: Helena Norberg-Hodge: Ancient Futures. Learning from Ladakh. San Francisco: Sierra Club Books, 1991. 203 S., ISBN 0-87156-559-5. - Es wäre wichtig, für diesen Titel, der gegenwärtig ins Deutsche übersetzt wird, einen engagierten Verlag zu finden. Walter Spielmann