Mit dem Auftreten des Menschen ist der evolutionäre Prozeß zu einem Spiel mit höchstem Risiko geworden. Als bewußte Spezies laufen wir Gefahr, das erprobte Verhalten der Natur zu (zer)stören. Wo täglich 300 Quadratkilometer Regenwald vernichtet und jeder Teilhaber der" freien Marktwirtschaft" 80 Mal mehr Energie verbraucht als ein Bewohner der Dritten Welt, stehen die Chancen schlecht, daß das "Unternehmen Menschheit" ein gutes Ende findet. Als offenes, selbstorganisierendes System ist jede Gesellschaft jedoch in der Lage, ihr Verhalten zu ändern. Ja mehr noch: Laszlo weist nach, daß das Verhalten komplexer Systeme plötzlich umkippen, sich grundlegend verändern kann. Obgleich die Resultate derartiger Bifurkationen nicht vorherzusehen sind, dürfen wir die Entwicklung nicht dem Zufall überlassen. Zum einen wissen wir, daß Veränderungen dann auftreten, wenn Systeme überbeansprucht werden; zum anderen können wir als Akteure im gesamtgesellschaftlichen Prozeß "von innen her" auf die sonst willkürlichen Fluktuationen Einfluß nehmen. Gerechtigkeit und soziale Gleichwertigkeit sind Voraussetzung für ein neues Zeitalter. Die Macht von Nationalstaaten, Politikern und Wirtschaft einzuschränken, ist für Laszlo unabdingbar. Es sollte gelingen, lokale Autonomie mit globaler Kooperation zu verknüpfen. Zusammenfassend: "Die Verwirklichung der Weltgesellschaft basiert auf einer Langzeitwahrscheinlichkeit, nicht auf einer kurzzeitigen Notwendigkeit". Eine holistische Allianz von Wissenschaft, Kunst, Religion und Erziehung könnte helfen, eine humane Kultur zu verwirklichen. Sozial (mit)verantwortliche Forschung und eine wertorientierte Kunst könnten Freiräume eröffnen und neue Gesellschaftsmodelle exemplarisch erproben. Verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Erziehung ist schließlich Bedingung dafür, daß die erhofften Veränderungen auch tatsächlich von unten her Platz greifen. In klarer Form werden systemtheoretische Ansätze und deren soziale Relevanz erörtert. Während im Hauptteil der Vorzug allgemeiner Verständlichkeit zuweilen durch ein Verbleiben im Grundsätzlichen erreicht wird, findet man im Anhang eine Einführung in die Grundlagen einer Theorie evolutionärer Systeme und ein Interview mit dem Autor, welches Gedanken weiterentwickelt und vertieft. Kaum grundsätzlich Neues, aber eine anregende Darstellung, die auf begründete Hoffnung setzt.
Laszlo, Ervin: Global denken. Die Neu-Gestaltung der vernetzten Welt. Rosenheim: Horizonte-Verl., 1989. 190 S.