Die Klimapolitikkatastrophe

Ausgabe: 2008 | 4

  In eine ähnliche Kerbe wie Sinn schlägt Joachim Weimann, Umweltökonom an der Otto-von-Guerke- Universität Magdeburg, wenn er „sieben Todsünden“ der (deutschen bzw. europäischen) Klimapolitik auflistet, darunter die Investition in erneuerbare Energien oder auch die Besteuerung von Treibstoff! Autobauer würden von sich aus alle technisch machbaren Effizienzpotenziale ausloten, um Autofahren billiger zu machen, die Förderung von Photovoltaik hätte ein Preiskartell für teure Solaranlagen bewirkt (!), so fragwürdige Thesen des Autors. Der Begrenzung des CO2-Ausstoßes auf nationaler bzw. EU-Ebene stehe immer die Ausweitung der Ressourcenausbeute anderer Länder bzw. Regionen gegenüber, argumentiert Weimann gegen einseitige Vorleistungen. Sein Argument: Wenn Deutschland Emissionsrechte verkauft, werden anderswo mehr Treibhausgase in die Luft geblasen. Wenn in der EU die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen reduziert wird, führt dies zum Mehrverbrauch anderswo, weil eben bei sinkender Nachfrage auch der Preis falle, was die Entwicklungsländer freue, dem Klimaschutz aber nicht helfe. Selbst eine globale CO2-Steuer oder die weltweite Begrenzung von CO2-Zertifikaten helfe nicht, da die Anbieter fossiler Brennstoffe dann nur danach trachteten, diese noch schneller zu Gewinn zu machen. Wie Sinn schlägt Weimann v. a. Investitionen in die Speicherung von CO2 durch Aufforstungsmaßnahmen vor (was freilich die Verantwortung von den Industrieländern abschiebt), als „Ultima Ratio“ schwebt ihm sogar vor, den Anbietern von Kohlenstoff ihre Lager abzukaufen: „Anstatt die Besitzer von Ölquellen und Kohlelagerstätten dafür zu bezahlen, dass sie die Rohstoffe abbauen, müssten sie dafür bezahlt werden, dass sie den Kohlenstoff in der Erde belassen.“ (S. 182) Klimapolitik kann nicht nur nachfrageorientiert betrieben werden, sondern muss die Anbieterseite sehr wohl berücksichtigen. Nahe liegender als die Ölscheichs für das Nichtfördern der Lagerstätten zu bezahlen, wäre da aber wohl Hans-Werner Sinns Vorschlag, die daraus lukrierten Gewinne stärker zu besteuern. H. H.

 

Weimann, Joachim: Die Klimapolitikkatastrophe. Deutschland im Dunkel der Energiesparlampe. Marburg: Metropolis, 2008. 189 S, € 14,80 [D], 15,25 [A], sFr 25,90. ISBN 978-3-89518-669-1