Der große Ausverkauf

Ausgabe: 2009 | 2

Florian Opitz geht in  „Der große Ausverkauf“ (DVD, 2008. 95 min, € 16,95) der Frage nach, was passiert, wenn Wasser- oder Stromversorgung, Busse und Bahn oder sogar das gesamte Gesundheitssystem privatisiert werden. Der Film zeigt dabei eindrucksvoll, wie es den von Privatisierungen direkt Betroffenen geht und welche Auswirkungen die Auslagerung der öffentlichen Grundversorgung an ausschließlich gewinnorientiert wirtschaftende Konzerne für die Gesellschaft haben kann: In vier Portraits schildert der Film die Auswirkungen der Privatisierung.

 

Im südafrikanischen Soweto wurde die Stromversorgung privatisiert, was unmittelbar eine Vervielfachung des Strompreises zur Folge hatte. Die Bevölkerung des Townships ist nicht mehr imstande, die mit hohen Gewinnmargen kalkulierten Strompreise zu zahlen, was zu einer ‚zusätzlichen Verarmung’ der ärmsten Bevölkerungsschichten führt. Diesen überlebensfeindlichen Auswirkungen der Privatisierung setzen die Townshipbewohner die Selbsthilfe der illegalen Strom-Guerilla entgegen. Unter teils lebensgefährlichen Bedingungen schließen sie die ärmsten der Armen wieder an das Stromnetz an.

 

Auf den Philippinen ist das Gesundheitssystem in der Hand von privaten Gesellschaften, so dass jede Behandlung privat ‚zu Marktpreisen’ bezahlt werden muss. Das Portrait einer Mutter, die nicht weiß, ob und wie sie die alle 14 Tage notwendige Dialyse ihres kleinen Sohnes bezahlen wird können und der die Aufnahme in ein Krankenhaus mehrfach verweigert wird, zeigt die Unerbittlichkeit privater Gesundheitsversorgung auf.

 

Die Auswirkungen der Privatisierung des britischen Bus- und Bahnsystems – etwa die Zunahme schwerster Unfälle aufgrund schlechterer Arbeitsbedingungen und Sicherheitsstandards – wurden bereits in Ken Loach´s „The Navigators“ trefflich portraitiert.

 

Der spektakulärste Privatisierungsversuch war aber wohl die von der bolivianischen Regierung veranlasste Übertragung der Wasserversorgung Cochabambas, der drittgrößten Stadt Boliviens, an einen US-Konzern. Die auf ein Viertel des monatlichen Durchschnittverdienstes angehobenen Wasserpreise und das gesetzliche Verbot des Schöpfens aus Hausbrunnen, ja sogar der Sammlung von Regenwasser (!), führte zu Protesten der Bevölkerung, die von Regierungstruppen blutig niedergehalten werden sollten. Trotz Todesopfern konnte die Bevölkerung nach wochenlangem Widerstand die Privatisierung stoppen.

 

Befürworter der Privatisierung, unter anderem Vertreter der Weltbank und des IWF, argumentieren, dass damit eine Heranführung ärmerer Staaten an das Niveau westlicher Staaten möglich sei. Dass diese Versprechen jedoch kaum jemals eingehalten werden – wie auch Joseph Stiglitz im Filminterview feststellt –, dokumentiert „Der große Ausverkauf“ eindrucksvoll.

 

Florian Opitz, „Der große Ausverkauf“ (DVD, 2008. 95 min, € 16,95)