Atommüll als Kommunikationsproblem

Ausgabe: 1990 | 3

Die Atomenergie ist - ob friedlich oder militärisch genützt, so Freimut Duve nach dem Tschernobyl Unglück, "eine Kriegserklärung an die Zukunft". Unsere Verantwortung ist es, die künftige Menschheit vor dem Atommüll mit seinen tödlichen Langzeitgefahren zu warnen. Die Autoren beschäftigen sich mit den Optionen, die wir für eine Kommunikation mit der Zukunft haben, und zwar nicht nur über Jahre und Jahrzehnte, sondern über Jahrhunderte und Jahrtausende. Die Vorschläge reichen vom künstlichen Mond am Himmel und der Datenbank im Keller über Atomsirenen und "Strahlenkatzen" bis zu Monumenten beim Endlager. Eine weitere Möglichkeit wird in Form mathematischer Kodierung auf lebendem Trägermaterial gesehen. Unterstützt werden sollten diese Mahnungen durch Verbreitung abschreckender Märchen, Sagen oder Mythen, um Fehlinterpretationen möglichst zu vermeiden. Die meisten Überlegungen gehen davon aus, dass wir durchaus in der Lage sind, Sicherheit bei der Langzeitlagerung zu gewährleisten. Diesen Optimismus teilen jedoch nicht alle Autoren. "Die Erkenntnis, dass die Verantwortung für eine sichere Endlagerung des Atommülls über Zehntausende von Jahren gar nicht übernommen werden kann, ist unabweisbar, wenn auch Versuche existieren, Sicherheitsstudien über Jahrtausende zu erstellen." Kritisiert wird auch die" Human Interference Task Force" (Arbeitsgruppe über menschliches Eindringen in Atommülllager) und deren Vorschlag zur Errichtung eines Relaissystems in der Obhut einer "Atompriesterschaft". Wichtig scheint zudem die Analyse der gesellschaftspolitischen Voraussetzungen solch gefährlicher Techniken, die Fragen und Antworten erfordern, wie sie in diesem Buch zu lesen sind. Der gewichtige Vorschlag zur verfassungsrechtlichen Verankerung der Zukunftsvorsorge in Form eines „Zukunftsrates" (House of Future Affairs) sollte hingegen nicht nur in atomarem Zusammenhang diskutiert werden. 

Warnungen an die ferne Zukunft. Atommüll als Kommunikationsproblem. Hrsg. v. Roland Posner. München: Raben-Verl., 1990. 314 S. (Raben-Streifzüge) DM 24,- / sFr 20,60 / öS 187,20