Benno Splieth träqt umfassendes Material über Menschenversuche mit Plutonium, Reaktorunfälle, die Gefahren der Radioaktivität und Probleme verschiedenster medizinischer Nachweisverfahren zusammen. Der zunehmenden Vereinnahmung von Experten durch politische Entscheidungsträger sowie der Schwierigkeit im Umgang mit Grenzwerten sind weitere Ausführungen gewidmet. Der Autor widerlegt Unbedenklichkeitserklärungen der Bundesärztekammer hinsichtlich der biologischen Auswirkungen auf den Menschen und seine Umwelt und spricht sich gegen die Annahme aus, dass festgelegte Grenzwerte und deren Einhaltung ausreichend Schutz böten. Detailliert beschreibt er Menschenversuche mit Plutonium und erläutert die medizinischen Sachverhalte. Er vertritt die These, dass die biologischen Auswirkungen von Niedrigdosis-Radioaktivität auf den Menschen weitgehend unbekannt sind. Schließlich beschäftigt sich Splieth mit der Strahlenschutzkommission und ihren Hürdensprüngen zwischen wissenschaftlicher Wahrheitsfindung und Beschwichtigungspolitik. Insgesamt wird aufgezeigt, wie viele Bereiche unseres Lebens bereits von Radioaktivität beEinflusst sind und welche Konsequenzen Fahrlässigkeiten im medizinischen, politischen und administrativen Umgang mit dem hochgiftigen Stoff Plutonium letztlich haben. An bisher wenig bekannten Beispielen zeigt er die Krebsgefahr für Arbeiter in Nuklearanlagen und die langfristigen Gefahren von Strahlenschäden auf. Anhand der Atomfabriken Nukem und Alkem, eines algerischen Strahlen- und eines Arbeitsunfalls bei EURATOM sowie zahlreicher anderer Pannen wird die tagespolitische Brisanz der theoretischen Ausführungen verdeutlicht. Aus der Fülle der seit Tschernobyl auf den Markt gekommenen Atombücher ist dieses Buch eines der herausragendsten: Ohne Polemik gelingt es dem Autor, diffuse Ablehnung mit Fakten und Analysen zu belegen. Allwissende und allmächtige Experten werden, um mit Brecht zu sprechen, als »Geschlecht erfinderischer Zwerge, (entlarvt), die für alles gemietet werden können«.
Splieth, Benno: Plutonium. Der giftigste Stoff der Welt. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt, 1987. 166 S.