Julian Assange – Der Mann, der die Welt verändert hat

Ausgabe: 2011 | 1

Das Portrait des Mannes, um den es immer geht, wenn von WikiLeaks die Rede ist, zeichnen Carsten Görig und Kathrin Nord von seinen Anfängen als Hacker bis hin zum amerikanischen Staatsfeind Nummer eins. Der Untertitel suggeriert zwar, dass Assange die Welt verändert habe, ob als egomanischer Verräter oder als „Robin Hood des Cyberspace“ bleibt dabei offen. Jedenfalls erhält der Leser Einblicke in die Weltsicht und Beweggründe des Medienstars, der es in kürzester Zeit geschafft hat, „von einer Kultfigur der Internetaktivisten zu einem der bekanntesten Menschen der Welt zu werden“ (S. 9). Davor gelang es ihm aber, sich die Kooperation mit seriösen Medien zu sichern. Die ersten „Einblicke in die amerikanische Außenpolitik“ wurden mit Hilfe einer Zusammenarbeit mit angesehenen Zeitungen wie dem deutschen „Spiegel“ (siehe oben), dem englischen „Guardian“ und der amerikanischen „New York Times“ veröffentlicht.

 

Kehren wir zurück zur Chronologie der Ereignisse rund um WikiLeaks und deren Gründer. Es begann mit Assanges Karriere als Hacker und endet mit seiner Verhaftung im Dezember 2010 in London. Neben persönlichen Ansichten wird aber auch vom Kampf bei Wikileaks gegen ständige Attacken aus dem Netz berichtet. Es ist von einem Cyberkrieg die Rede, bei dem die Server in Stockholm häufig nicht erreichbar waren. Eine Kooperation mit Amazon sollte hier Abhilfe schaffen und ausreichende Rechnerkapazität gewährleisten. „Doch am 1. Dezember 2010 (…) kündigt Amazon den Vertrag mit Wikileaks und löscht die Daten von seinen Servern.“ (S. 160) Dies geschah trotz widersprüchlicher Angaben wahrscheinlich auf Bitte von Mitgliedern des „US-Heimatschutz-Ausschusses des Senats“. Auch die Kreditkartenunternehmen Mastercard und Visa geben, so wird berichtet, in vorauseilendem Gehorsam keine Zahlungen mehr an WikiLeaks weiter. In den Medien waren dazu alle möglichen Verschwörungstheorien seitens der Wikileaks-Anhänger zu hören und zu lesen, und deren Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Es gelang ihnen, die Server von Mastercard, Visa und das Internetbezahlservice Paypal für Stunden lahmzulegen.

 

Bei ihrem Blick in die Zukunft weisen die Autoren darauf hin, dass auch die Tauschbörse Napster, die die Art und Weise, wie Menschen an Musik kommen, komplett verändert hat, längst Geschichte sei. Dadurch wurde aber eine nicht mehr aufzuhaltende Veränderung des Musikkonsums eingeleitet. Eine ähnliche Revolution im Umgang mit geheimen Dokumenten könnte Wikileaks auslösen. Jedenfalls ist es schwierig geworden, Geheimnisse zu bewahren, denn digitale Daten sind schnell kopiert und noch schneller verbreitet (vgl. S. 165). „Ganz sicher aber hat Wikileaks die Art und Weise geändert, wie wir Kriege sehen.“ (S. 166)

 

Schließlich sehen Görig und Nord die Leaker-Plattform als Teil jener offensichtlich immer weiter wachsenden Bewegung, „die der Politik nicht mehr traut, der es nicht mehr genügt, alle vier Jahre eiin Kreuzchen zu machen. Sie will sich beteiligen, mitbestimmen. Ob lokal bei Protesten gegen Stadtplanung wie bei Stuttgart 21 oder dem Hamburger Gängeviertel oder global wie bei einer Bewegung wie Attac: Die Bürger der westlichen Demokratien wollen mehr, als nur ihre Stimme abzugeben.“(S. 169) Es sei daran erinnert, dass bereits Robert Jungk von einer „Analphabeten“-Demokratie gesprochen hatte, der er die Forderung nach aktiver Beteiligung und Mitbestimmung entgegenstellte.

 

Görig, Carsten; Nord, Kathrin: Julian Assange – Der Mann, der die Welt verändert hat. Scorpio-Verl., 2011. 176 S., € 9,95 [D], 10,30 [A], sFr 16,90

 

ISBN 978-39421-6628-7