Petra Hillebrand

Hinter dem Horizont

Online Special
Hinter dem Horizont

Es gehört wohl zu den Geheimnissen, ja, den Wundern des Menschseins, dass es uns möglich ist, das Unergründliche zu benennen, ihm nachzuspüren, es ahnend zu erfassen. Wie sonst wär es möglich, in Momenten der Trauer, des Todes eines Kindes, einer Angehörigen oder eines Freundes, nach und nach Trost zu finden, unterstützt  durch Worte und Gesten der Anteilnahme. Sie lassen uns spüren und geben Gewissheit, dass wir selbst in Augenblicken des tiefsten Schmerzes nicht alleine sind.
Petra Hillebrand versteht sich darauf, den richtigen Ton zu treffen, wie dieser Band, eine gehaltvolle Sammlung von Gedichten und kurzen Geschichten, jeweils begleitet von Zeichnungen der Autorin, eindrucksvoll zeigt. In der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft tätig, begleitet sie seit vielen Jahren Sterbende und Trauernde, weiß also darum, welche existenziellen Fragen und Sorgen Menschen bewegen, die dem Horizont nahe sind. Ebenso aber kennt sie die Gefühle tief empfundener Dankbarkeit und Zuversicht, die den Tod als Teil des Lebens begreifbar machen, der vielleicht – so könnte es sein – ein Schritt zu neuer Erfahrung ist. „Vielleicht /“, so heißt es in einem der meist knappen, reimlosen Gedichte, „ist Sterben / wie das Zittern / das durch ein Blatt fährt / ehe es sich / loslöst / von allem / was ihm bisher vertraut war / um sich ganz hinzugeben / im freien Fall“.

Vielerlei wird in den zwanzig Impulstexten angesprochen: die Besonderheit eines jeden Lebens, selbst wenn wir dessen Sinn nicht begreifen; die Kostbarkeit des Augenblicks, auch dann, wenn es mutmaßlich der letzte gemeinsame ist; die Gewissheit, dass es Sinn macht, im Hier und Jetzt eine Aufgabe zu erfüllen und da zu sein, wofür auch immer; zur rechten Zeit das zu sagen, was zu sagen ist; die Erinnerung als einzigartiges Geschenk zu begreifen, und daher die Fülle des Lebens in jedem Augenblick zu feiern. Das Licht der Sonne im Funkeln der Sterne zu ahnen, die Verwandlung der Raupe in einen Schmetterling als Bild der Erneuerung zu begreifen, oder in Erinnerung an einen geliebten Menschen „Ich danke dir für …“ zu sagen, sind Gedanken, die stützen und Halt geben. Es tut gut, dieses Büchlein mehrmals zur Hand zu nehmen.