Gendiagnostik und Versicherung

Ausgabe: 2001 | 4

In Vaterschaftsverfahren und beim „genetischen Fingerprint“ stoßen Gentests auf weitgehende Akzeptanz. Zu Recht Skepsis wird hingegen jenen Tests entgegengebracht, die etwa vom Arbeitgeber bei Einstellungsuntersuchungen eingesetzt werden könnten, und insbesondere Gentests beim Abschluss von Versicherungsverträgen, die zu verstärkter Risikoselektion und risikoadäquaterer Prämienkalkulation führen würden. „Zur Disposition steht die bisher gefundene Risikosymmetrie“, betont Jürgen Simon. Deutsche Sozialversicherungen dürfen nicht nach dem individuellen Lebensrisiko differenzieren, sondern nur nach dem Einkommen der Versicherten, private Versicherer verlangen zur besseren Einschätzung des Risikos schon bisher umfassende Auskünfte über Gesundheitsdaten. Hier könnten Gentests – sie sind in der BRD für Versicherungsabschlüsse verboten – von Bedeutung werden.


In der vorliegenden, im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführten Studie werden die rechtlichen Grundlagen hinsichtlich der Verwendung von Gentests für den Abschluss von Kranken- und Lebensversicherungen in insgesamt 12 europäischen Ländern sowie in den USA, in Kanada und in Japan vergleichend analysiert.


Für den Abschluss von Kranken- wie Lebensversicherun-gen sind Gentests demnach (Stand 2000) in Kanada, Spanien, Portugal, Großbritannien sowie in Dänemark (in letzterem nur auf den aktuellen oder vergangenen Gesundheitszustand bezogen, nicht jedoch für Prognosen) zulässig. In den Niederlanden sind zwar Test möglich, nicht jedoch ihre Verwendung. Die USA und Japan erlauben Gentests zwar beim Abschluss von Lebensversicherungen, nicht jedoch bei Krankenversicherungen. In Schweden ist die Verwendung erlaubt, jedoch nur mit Zustimmung des Versicherungsnehmers. Es gibt – wie auch in Portugal – keine Offenbarungspflicht des Versicherungsnehmers im Falle des Vorliegens von Testergebnissen. Ein generelles Verbot von Gentests für Versicherungsabschlüsse gab es zum Untersuchungszeitpunkt in Österreich, der Schweiz, in Frankreich und Italien, Belgien und Norwegen.


Der Autor plädiert im Sinne der Erhaltung der Risikosymmetrie für ein grundsätzliches Verbot der Nutzung von Gentest durch Versicherer, dies jedoch gekoppelt mit der Verpflichtung des Versicherungsinteressenten, „sämtliche vorliegenden medizinischen Befunde einschließlich der aus Gentests im Rahmen der vertraglichen Anzeige-pflicht durch Gentests anzugeben“ (S. 134). Diese Offenlegungspflicht sei ethisch aber nur dann rechtfertigbar, wenn „die Grundsicherung des Wohlergehens durch eine allgemein verpflichtende gesetzliche Krankenversicherung gesichert“ ist, und bei Lebensversicherungen, „wenn eine steuerbegünstigte allgemeine Lebensversicherung ohne Offenlegungspflicht bis zu einem bestimmten Betrag einmalig pro Person zur Verfügung stünde“ (S. 135). H. H.

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