Eine neue Weltordnung

Ausgabe: 1992 | 3

Als Experte für strategische Zukunftsforschung bei der US-Army beschäftigt, ist des Autors Interesse für militärische Agenden naheliegend und begreiflich. Aus zivilem Blickwinkel fällt die Beurteilung dieser (für die Öffentlichkeit bestimmten) Studie jedoch durchaus ambivalent aus: die Aussicht auf die vermehrte Ausbildung repräsentativ-demokratischer Regierungen sowie wachsende individuelle Selbstbestimmung lässt für das nächste Jahrtausend eine friedfertigere Welt für möglich erscheinen. Ar! die Stelle der ideologischen Konfrontation dürfte mehr und mehr der kapitalorientierte, "freie" Wettbewerb treten, in dem auch den USA nicht mehr als eine gewichtige Rolle unter Partnern bzw. Konkurrenten zukommt. Im Kräftespiel neuer Allianzen und Zweckbündnisse erscheint der von Taylor mit guten Chancen bedachte asiatische Raum (China, Japan und Hongkong) bessere Karten zu haben als die Nachfolgestaaten der UdSSR, von denen kaum anzunehmen ist, dass sie als osteuropäische Wirtschaftsunion ohne massive Unterstützung des Westens konkurrenzfähig sind. Plausiblerweise stützt sich Taylor bei seinem überwiegend mit groben Strichen gezeichneten Szenario auf begründete Annahmen und wagt nur In wenigen Fällen präzise Vorhersagen. Dass er die Wahrscheinlichkeit eines "zivilen" Unfalls in einem der von insgesamt 40 Staaten betriebenen Atomkraftwerke als "mittel bis gering" einschätzt, stützt indes den positiven Grundtenor ebenso wenig wie die Tatsache, dass 24 Staaten zu Beginn des nächsten Jahrzehnts im Besitz von Atomwaffen sein dürften. Mehr als ungewiss scheint mir zudem die Annahme, dass die ressourcenreichen Entwicklungsländer tatsächlich angemessen für ihre Beiträge entlohnt werden. Kritisch anzumerken Ist auch, dass der Reorganisation der US-Streitkräfte und der Aussicht auf Kooperationen im Weltraum vergleichsweise breiter Raum gegeben, Fragen des Umweltschutzes als globaler Herausforderung indes kaum ein Wort gewidmet wird. Das weitgehend ungebrochene Vertrauen in. die eigene Stärke und der Imperativ kollektiver Spitzenleistung im wissenschaftlich-technischen Bereich lässt zumindest aus dieser Perspektive ökologisch und sozial ausgerichteten Überlegungen keinen Raum. Walter Spielmann

Taylor, Charles W.: A World Order 2010. A New World Order of Nations. Carlisle Baracks, PA, US Army War College, Strategie Studies Institute, 1992. 125 S.