Die Macht der guten Gefühle

Ausgabe: 2012 | 1

Dass OptimistInnen die Bürden des Lebens leichter schultern, eher erfolgreich, und in der Regel auch die willkommeneren GesprächspartnerInnen sind wird wenig überraschen und weitgehend auf Zustimmung stoßen. B. L. Fredrickson, die an der Chapel Hill-University in North Carolina „Positive Psychologie“ lehrt und als eine der führenden VertreterInnen dieser Disziplin gilt, geht freilich einen entscheidenden Schritt weiter. Mit der von ihr entwickelten „Broaden-and- Build-Theory“, die hier vorgestellt wird, beansprucht sie, wissenschaftlich zu begründen, weshalb und wie positive Gefühle das Leben erleichtern. Doch damit nicht genug, denn sie verspricht dem geneigten Leser darüber hinaus zu zeigen, wie es gelingt, „den Alltag besser zu bewältigen, (…) täglich selbstbestimmtere Entscheidungen zu treffen, die geistige Energie zu erneuern und persönliche Beziehungen zu verbessern.“ (S. 27). Das ist – bescheiden formuliert – ein hoher Anspruch. Nun plädiert Frederickson keineswegs für eine platte Lebenshaltung nach dem Motto „Don’t worry, be happy“. Vielmehr zeigt sie – und das auch mathematisch abgesichert (!) – dass die quantitative Steigerung positiver Emotionen sich nachweislich günstig auf die Lebenseinstellung und –gestaltung auswirkt. Ins Praktische gewendet: Eine positive Einstellung, so die vielfach abgesicherten Befunde der Forscherin, trägt sechsfach zu persönlichem und kollektivem Wohlbefinden bei: sie vermittelt ein gutes Gefühl, verändert das Denken, wirkt sich positiv auf Gestaltung der eigenen Zukunft aus (indem etwa die physische und psychische Resilienz gesteigert wird, sie bremst negative Stimmungen, sie wirkt selbstverstärkend („Tipping-Point“-Effekt), und – das ist die frohe Botschaft – sie lässt sich gezielt ausbauen. Auf die Quantität komme es an, sagt die Forscherin, und plädiert für einen „3-zu-1-Quotienten“ als „emotionale Richtschnur“ (S. 49). Wem es gelinge, einer negativen Erfahrung drei positive gegenüberzustellen – es dürfen freilich auch mehr sein – wird sein Leben im aufgezeigten Sinn zum Positiven hin verbessern, weiß Fredrickson. Doch was ist eine positive Lebenseinstellung? Wie können wir den „Horizont erweitern“? Wie kann dem/der Einzelnen gelingen, für sich die „bestmögliche Zukunft“ zu schaffen? Resilienz aufzubauen und den Quotienten der positiven Empfindungen (s. o.) kontinuierlich zu steigern sind die Schlüsselfaktoren positiven Denkens, sagt Fredrickson, und stellt (Kapitel 8. S. 173ff.) einen Fragebogen zur Selbsterkundung des persönlichen „Gut-Fühl-Faktors“ vor, der, dem einleitend formulierten Anspruch entsprechend, durch regelmäßige Selbsterprobung auch gesteigert werden kann. Die Möglichkeit der Selbsterkundung auf Basis eines digitalen Fragebogens gibt es unter www.PositiveRatio.com. Weiters bietet die Autorin einen „persönlichen Werkzeugkasten“ mit insgesamt 12 „Tools“ („Offenheit“, „Innige Beziehungen“, „Fünf gute Taten an einem Tag“, „Für Ablenkung sorgen“, „Gegen negative Gedanken argumentieren“, „Kraft tanken in der Natur“, „Stärken erkennen und nutzen“, „Mediation zur Erhöhung der Achtsamkeit“ u. a. m. und schlägt darüber hinaus vor, persönliche Portfolios (etwa der Heiterkeit, der Ehrfurcht oder der Inspiration) zu entwickeln, um dem Umgang mit positiven Gefühlen Struktur und Kontinuität zu geben. Zusammenfassend: Eines jener „Wohlfühlbücher“, die ein Stück weit US-amerikanische Mentalität des „Feeling Good“ vermitteln, durch die empirische Absicherung aber auch „Realisten“ vom Mehrwert einer „positiven Grundstimmung“ überzeugen sollten. W. Sp.

 

Fredrickson, Barbara L.: Die Macht der guten Gefühle. Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert. Frankfurt/M.: Campus, 2011. 297 S., € 22,99 [D], 23,70 [A], sFr 39,10 ISBN 978-3-593-39081-9