Atlas der Globalisierung

Ausgabe: 2013 | 1

Folgt dem „Kampf der Kulturen“ nun das „Verschmelzen der Welten“?, fragt Serge Halimi, Direktor von Le Monde Diplomatique in der Einleitung zum aktuellen Atlas der Globalisierung im Hinblick darauf, dass China und die anderen Schwellenländer dem durch den Finanzcrash von 2007 marode gewordenen Kapitalismus wieder auf die Beine geholfen hätten. China, das der Westen im 19. Jahrhundert „erdrückt und zerstückelt“ hatte, werde nun zu dessen „Werkbank und Bankier“. Doch Halimi sieht diese Entwicklung kritisch, wenn er von einer neuen „globalen Oligarchie“ spricht: „Sie baut in China Fabriken, investiert ihr Vermögen in Londoner, New Yorker und Pariser Immobilien, holt sich die Nannys aus den Philippinen, schickt ihre Kinder nach Havard und bunkert ihr Geld in Steueroasen“. Während einige Wenige den Sprung auf die Hitliste der reichsten Milliardäre schaffen, komme der Wohlstand bei den einfachen Menschen nur begrenzt oder gar nicht an. Doch es gäbe Widerstand. Halimi setzt auf die „Demonstranten in Sido Bouzaid und auf dem Thahirplatz“, die „Aktivisten der Puerto del Sol und von Occupy Wall Street“, die „Arbeiter von Shenzen und die chilenischen Studenten“, die „wie schon 1848, 1918 und 1968 – das Unwahrscheinliche möglich und dem Fatalismus ein Ende“ bereiten würden (alle Zitate S. 7). Der vorliegende Atlas der Globalisierung, der wie alle seine Vorgängerausgaben, durch prägnante Analysen und anschauliche Grafiken besticht, bietet – gleich den Globalen Trends (s. o.) – eine Fülle an Informationen zu allen wichtigen Zukunftsfeldern der Ökonomie, Gesellschaft und globalen Ressourcen. „Der lange Abschied vom Wachstum“, „Globale Instanzen ohne Konzepte“, „Seltene Rohstoffe, kostbar und umkämpft“, „Das Ende des fossilen Zeitalters“ oder „Neue Player im Ölgeschäft“ – so einige der Kapitel dieses Nachschlagewerks über die „Welt von morgen“. Thematisiert werden Fragen des Welthandels und der globalen Agrarmärkte, der Rolle von Bildung und Wissen, Sozialpolitik oder Neuen Medien im Globalisierungsprozess sowie der Gefahr möglicher zukünftiger Konflikte – etwa im Kontext von Ressourcenverknappungen. Den HerausgeberInnen ist es auch in der vorliegenden Ausgabe gelungen, ausgewiesene ExpertInnen zu gewinnen. So schreibt etwa Mycle Schneider, Verfasser des World Nuclear Status-Report, über das „programmierte Ende der Atomkraft“ (S. 164f). Bedingt werden auch alternative Zukunftswege angesprochen, etwa die Entwicklung neuer Wohlstandsindikatoren, die Begrünung von Wüsten oder eben neue soziale Bewegungen, sei es im arabischen Raum, in Lateinamerika oder Asien („Die Welt im Aufbruch“ (S. 148ff). Ein wertvolles Nachschlagewerk. H. H.  

Atlas der Globalisierung. Die Welt von morgen. Hrsg. v. Le Monde Diplomatique und taz. Berlin: taz Verlags- und Betriebs GmbH 2012. 176 S. € 14,- [D], 14,40 [A], sFr 19,60 ; ISBN 978-3-937683-38-6