Zukunftsperspektiven in Theorie und Praxis

Ausgabe: 2017 | 2
Zukunftsperspektiven in Theorie und Praxis

Perspektiven für österreichische FachhochschulenElmar Schüll ist eine der treibenden Kräfte im „Netzwerk Zukunftsforschung“. In diesem Netzwerk haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum zusammengeschlossen, die um methodische Klarheit bei der Befassung mit der Zukunft ringen. Schüll leistet dazu seit Jahren wichtige Beiträge. Er bleibt aber nicht bei der Befassung mit der Methodik stehen, sondern widmet sich auch der Anwendung. In seiner Studie „Perspektiven und Herausforderungen der österreichischen Fachhochschulen“ wird dies dokumentiert.

Nicht jeden werden die österreichischen Fachhochschulen als Thema interessieren. Warum der Band aber trotzdem auch für viele sehr lesenswert ist, liegt an der systematischen und umfassenden Entwicklung des methodischen Ansatzes der Studie. Schüll nimmt die Mühe auf sich, die Grenzen und Möglichkeiten der zukunftsbezogenen Forschung darzustellen, um die Relevanz und Aussagekraft der Ergebnisse in den richtigen Kontext zu setzen.

Schüll dekliniert auch die Einwände gegen das Vorherwissen herunter. Die eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten bei Zukunftsvoraussagen, die hohe Komplexität in den Sozialwissenschaften, das Fehlen sozialwissenschaftlicher Gesetze,  der Mensch als lernfähiger Voraussageverhinderer und die Effekte der Voraussagen selbst auf ihre Materialisierung werden u. a. angeführt. „Entscheidend für die wissenschaftliche Validität entsprechender Zukunftsaussagen ist dann nicht mehr, ob die vorausgesagten Ereignisse in einer zukünftigen Gegenwart wie beschrieben eintreffen, sondern wie gut sie in der Gegenwart argumentativ abgesichert sind.“ (S. 55) Zukunftsaussagen haben deswegen grundsätzlich eine konditionale Struktur. Schüll erinnert an die Standards und Gütekriterien, die für Zukunftsforschung in Anschlag gebracht werden: Konsistenz (in sich widerspruchsfrei), interne Kohärenz (die Aussagen werden Wechselwirkungen gerecht), Adäquatheit der Systemgrenzen und externe Kohärenz (klare Definition des Gegenstandsbereichs und Abgrenzung auf die Systemumwelt) sowie Transparenz der Prämissen, Annahmen und Wertvorstellungen. Zukunftswissen ist aber auch bei Einhaltung dieser Standards im Prozess der Genese immer vorläufig, fragil und zeitgebunden. (S. 63)

Im konkreten Fall entwickelt Schüll drei Szenarien für die Zukunft des Fachhochschulsektors in Österreich. Eines bezieht sich auf die Umsetzung der Idealvorstellung des Österreichischen Wissenschaftsrates, eines schreibt die gegenwärtige Entwicklung weiter und das dritte Szenario greift die Entwicklung auf, die laut einer Delphi-Befragung mehrheitlich als wünschenswert eingestuft wurde.

Ein Buch, das für jeden, der Zukunftsforschung aktiv betreiben will, ein guter Bezugspunkt bei Fragen der Methodik darstellt und für jeden, der sich mit der Entwicklung der Wissenschaft bzw. der österreichischen Fachhochschullandschaft beschäftigt, eine spannende Lektüre ist. Stefan Wally

Bei Amazon kaufenSchüll, Elmar: Perspektiven und Herausforderungen der österreichischen Fachhochschulen. Eine Vorausschau. (Schriftenreihe zum Bildungsrecht und zur Bildungspolitik; 15). Wien: Verl. Österreich, 2016. 397 S., € 89,- [A] ; ISBN 978-3-7046-7586-6