Zukunft gestalten – Regionalentwicklung in der Praxis

Ausgabe: 2008 | 2

Menschen wollen ihre Zukunft und ihren Lebensraum (mit-)gestalten. Dies belegen nicht nur unzählige Beispiele gelungener Projekte auf lokaler und regionaler Ebene, die Nutzung wichtiger Regionalentwicklungsinstrumente wie etwa der Lokalen Agenda 21 oder des EU-Programms Leader, sondern neuerdings auch wissenschaftliche Studien über den Zusammenhang von Partizipation und Lebensqualität (u. a. Frey/Stutzer).

 

Die vorliegende DVD „Zukunft gestalten – Regionalentwicklung in der Praxis“ stellt Projekte aus Leader-Regionen Deutschlands vor und zeigt eindrucksvoll, mit wie viel Engagement, Begeisterung und Durchsetzungswillen die Menschen vor Ort ihre Ziele verfolgen. Monika Zurhake und Jochen Vetter haben im Rahmen einer „dokumentarfilmerischen Evaluation“ von Regionalentwicklungsprojekten vier Leader-Projekte über fünf Jahre lang mit der Kamera begleitet.

 

Obwohl es den Autoren dieser DVD explizit nicht darum ging „einen Lehrfilm über ´schöne´ Projekte zu machen“, zeigen die Beispiele dieser DVD doch eindeutig den Zuwachs an Lebensqualität, der von regional und lokal engagierten Menschen in oftmals langwierigen und aufreibenden (Diskussions-)Prozessen auch gegen politische und andere Widerstände erzielt werden konnte.

 

Im fränkischen „Talauenprojekt“ wurden zwei Regionalprobleme in einem Projekt gelöst: erstens sollte dem ländlichen Strukturwandel, sinkender wirtschaftlicher Ertragskraft und der durch Abwanderung der Bevölkerung verfallenden Infrastruktur ein Projekt sanften Tourismus entgegengestellt werden, und zweitens wollte man die zunehmende Hochwassergefahr der Flüsse und Bäche in der Region Steigerwald in den Griff bekommen. Die Renaturierung von Bach- und Flussläufen löste die Herausforderung, erhöhte den Wert landwirtschaftlicher Flächen, und die daran entlang geführten Radwege sind nun ein beliebtes, touristisch in Wert gesetztes Erholungsgebiet. Für den Erfolg dieses Projektes war vor allem die professionelle Führung des Prozesses und die umfassende Kommunikation mit allen Beteiligten (Gemeindepolitik, Landwirten, AnrainerInnen, BürgerInnen) ausschlaggebend. Die beteiligten Gemeinden und BürgerInnen erlebten durch dieses Projekt eine neue und gesteigerte Solidarität untereinander.

 

In einem Projekt auf der Insel Rügen beschäftigt sich eine Gruppe von Frauen mit der Schaffung einer reformpädagogischen Umwelt-Grundschule. Mit diesem Projekt wollen die Frauen – gegen den Widerstand der regionalen Schulpolitik – ihren Kindern eine neue Form der Bildung zuteil werden lassen und eine neue Bildungskultur fördern. Die am Landleben ausgerichtete „Freie Schule Rügen“ ist nun nach mehrjährigem Fulltime-Engagement der Frauen und mit über 50 SchülerInnen eine erfolgreiche und nachhaltige Bereicherung des Bildungsspektrums. Erfolgsfaktoren waren insbesondere die Motivation der Frauen, für die eigenen Kinder etwas zu tun sowie der persönliche Gewinn und sinnstiftende Einsatz der Kompetenzen der Mitwirkenden.

 

Das Regionalentwicklungsprojekt am Kap Arcona soll das touristische Potential des nördlichsten Punktes Deutschlands besser für die Region nutzbar machen. Dafür wurde im Dialog mit der Bevölkerung ein Vermarktungskonzept entwickelt und ein Laden mit regionalen Waren umgesetzt, um den lokalen Produzenten eine Plattform der Direktvermarktung zu bieten.

 

Das Projekt „Aufschwung West“ will touristisch benachteiligten Regionen auf der Insel Rügen helfen. Der basisdemokratische Ansatz wurde jedoch von anderen Projektbeteiligten als nicht unkritisch gesehen und dann zugunsten eines „repräsentativen bottom-up Ansatzes“ in der Projektgruppe aufgegeben, wonach die TeilnehmerInnen von interessierten Institutionen entsendet werden und ihre Mitarbeit im Rahmen ihrer beruflichen Arbeitszeit ausüben. Ebenfalls nicht unkritisch für die Leaderprojekte ist die Ko-Finanzierung eines Leadermanagers für das Projekt durch die beteiligten Gemeinden. Denn die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen kritisieren den hohen administrativen Aufwand und mangelnde persönliche Zeitbudgets.

 

Insgesamt gewährt diese instruktive DVD einen profunden Blick hinter die Kulissen bürgerschaftlicher Projektgestaltung. T. H.

 

Zukunft gestalten – Regionalentwicklung in der Praxis, DVD, 2007; Buch und Regie: Monika Zurhake und Jochen Vetter; Hrsg. v. aid Infodienst Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft e. V. (www.aid.de), Vertrieb Österreich: ÖAV, Sturzgasse 1A, A-1141 Wien buch@avbuch.at xy € [D], [A], sFr ISBN ISBN 978-3-8308-0649-3