Kritik am Ökonomismus

Ausgabe: 2015 | 3

„Das ökonomische Denken erlaubt mir, zu dem Schluss zu kommen, dass das Auto billiger ist als der Bus. Meine Schlussfolgerung ergibt sich aus der Fähigkeit der Ökonomie, die Ketten der sozialen Verpflichtungen aus meinen Transaktionen zur reißen, sodass nur eine enge Fokussierung auf die unmittelbaren finanziellen Betrachtungen bleibt.“ Soweit eines der vielen Beispiele, die Philip Roscoe in „Rechnet sich das?“ für die Fragwürdigkeit ins Treffen führt, alle Entscheidungen auf ökonomische Parameter zu reduzieren. Der Philosoph und Professor für Management geht noch einen Schritt weiter: Da das Kennzeichen des ökonomischen Tausch das Quittsein sei, führten selbst Ökosteuern in den Verlust an Selbstverantwortung: „Wenn ich die Gebühr für Umweltverschmutzung gezahlt habe, bin ich frei und kann die Umwelt so stark verschmutzen, wie ich will, solange ich die Gebühr dafür entrichte.“ (beide Zitate S. 14)

Der Autor kritisiert die utilitaristische Sichtweise der Ökonomen-Zunft und argumentiert, dass die „Ökonomisierung“ fast aller Bereiche uns nicht mehr dabei hilft, ein gutes und sinnvolles Leben zu führen. Indem wir immer nur auf den Nutzen schauen, vergiften wir unsere Beziehungen, richten unsere Umwelt zu Grunde und werden zu innerlich verarmten Menschen, so die Überzeugung von Roscoe, die er an zahlreichen, offensichtlich seinen Vorlesungen entnommenen Beispielen illustriert. Ökonomie sei nicht überflüssig, müsse jedoch als Werkzeug für zu erreichende Ziele verstanden werden, erläutert der Autor etwa an den an Bedeutung gewinnenden Lokalwährungen. Und gewisse Dinge müssten dem ökonomischen Denken vollends entzogen bleiben: „Altruismus und bürgerliche Tugend, Liebe und Fürsorge wachsen durch die Praxis und sind keine knappen Güter, bei denen man sparen müsste.“ (S. 269) Roscoe argumentiert aus der Sicht von Werten und Verantwortung, Aspekte wie ökonomische Verteilung, Konkurrenzstreben oder Gewinnmaximierung lässt er freilich außen vor.

Hans Holzinger

Roscoe, Philip: Rechnet sich das? Wie ökonomisches Denken unsere Gesellschaft ärmer macht. München: Hanser, 2014. 316 S. € 21,60 [D], 22,60 [A] ISBN 978-3-446-44037-1

„In einer Zeit, in der die Herausforderungen, vor denen unsere Welt steht, unbedingt kollektives Handeln erfordern und wir uns keinesfalls auf das aufgeklärte Selbstinteresse stützen dürfen, könnte die Ökonomie gerade das größte Hindernis für Veränderungen sein.“ (Roscoe S. 23)