Demokratische Legitimität in der internationalen Umweltpolitik

Ausgabe: 2010 | 3

Auch im nächsten Band geht es um Global-Governance Forschung und um die ebenso spannende wie hochrelevante Frage nach den Möglichkeiten einer demokratischen Legitimierung grenzüberschreitender Umweltpolitik. Darüber möchte Beatrice Bürgler eine möglichst breit angelegte Diskussion auch innerhalb der Politikwissenschaften führen. Die Autorin spricht zwar von Politik, meint damit aber Governance im Sinne eines komplexen und interdependenten Netzes von unterschiedlichen Akteuren, Institutionen, Normen und Prozessen.

 

Die zunehmende Internationalisierung politischen Handelns im Zeitalter globaler Interdependenz hat ihrer Ansicht nach den traditionellen Zusammenhang von parlamentarischer Demokratie, politischer Partizipation und demokratischer Legitimität von Herrschaft fundamental verändert. Die zunehmend verschwommenen Grenzen nationalstaatlicher Zuständigkeit stellen gar das Konzept der Demokratie in Frage. Deshalb geht es hier nicht allgemein um die Frage „Wer regiert die Welt und mit welchem Recht?“, sondern darum, inwieweit internationale Umweltregime den normativen Ansprüchen einer demokratischen Ausgestaltung politischer Prozesse nachkommen und wer Legitimität garantiert und Verantwortung im internationalen politischen Prozess übernimmt.

 

Ausgangsthese der Autorin ist, dass sich gerade das Feld internationaler Umweltpolitik (Klimaschutz, Artenvielfalt oder Umweltprogramm der Vereinten Nationen) globalisierungsbedingt in einem Prozess der „Entstaatlichung“ befindet und mehr und mehr von Global Governance-Eigenschaften geprägt ist. Andererseits erleben wir nicht zuletzt im Zuge der gescheiteren Klimaverhandlungen in Kopenhagen aber auch, dass die Realität internationaler Zusammenarbeit von nationalstaatlichem Taktieren bestimmt ist. Und noch eines haben die Klimaverhandlungen gezeigt, nämlich das Versagen des demokratischen Willensbildungsprozesses auf internationaler Ebene. Es gibt bereits Stimmen, die laut über Expertenregime oder gar autoritäre Regime zur Herstellung eines Konsenses nachdenken. Harald Welzer etwa zeigt sich in „Klimakriege“ beeindruckt von der Effizienz des grünen Umbaus in China. Für umso wichtiger ist eine starke demokratische Ausgestaltung internationaler Regelsetzungsprozesse, wie sie Beatrice Bürgler als zentral erachtet.

 

 

 

Empirie

 

In ihrer Untersuchung von 56 Umwelt-Subregimes hat die Autorin versucht, einzelne Aspekte demokratischen Regierens herauszuarbeiten. Für ihre Fallbeschreibungen hat sie dabei auf die Datenbank der International Regime Database (IRD) zurückgegriffen, die eine Vielzahl an Informationen zu internationalen Regimes in der Umweltpolitik enthält. Zusammenfassend plädiert Bürgler für ein Modell demokratischen Regierens jenseits des Staates, „verstanden als multidimensionaler Mehrebenen-Prozess, der durch die institutionellen Eigenheiten einzelner Governance-Formen, die unterschiedlichen Rollen staatlicher und nichtstaatlicher Akteure sowie durch unterschiedliche Problemfelder und deren Reichweite geprägt wird“ (S. 207). Faktoren wie Partizipation, Rationalität und Kontrolle seien je nach Situation unterschiedlich zu gewichtende und zueinander ins Verhältnis zu setzende Kriterien für Legitimität. Damit wird deutlich, dass Politikgestaltung jenseits des Nationalstaates nicht den gängigen Vorstellungen einer repräsentativen oder direkten Demokratie entsprechen kann.

 

A. A.

 

Bürgler, Beatrice: Demokratische Legitimität in der internationalen Umweltpolitik. Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwissenschaften, 2009. 217 S. (VS Research) € 34,90 [D], 35,95 [A], sFr 59,30

 

ISBN 978-3-531-16630-8