Democracy under stress

Ausgabe: 2012 | 3

Die Finanz- und Wirtschaftskrise beschäftigt viele Autorinnen und Autoren. Doch die Fragestellungen sind sehr unterschiedlich. Interessiert uns, welche Regierungsform die Krise am besten überstanden hat? Oder sollten wir danach fragen: Welche Regierungsform sollen wir erfinden, damit solche Krisen Geschichte sind? Stefan Wally spannt den Bogen. Eine Nachbetrachtung zur globalen Wirtschaftskrise liefert schließlich Gert Petter.

 

Democracy under stress

 

Ursula von Beek und Edmund Wnuk-Lipinski sind Universitätsprofessoren für Politikwissenschaft bzw. für Soziologie. Sie haben sich mit dem Buch „Democracy Under Stress“ das Ziel gesetzt, die Auswirkungen der Finanzkrise von 2008/2009 auf die Demokratie zu bestimmen. In dem Sammelband wird die Krise beschrieben, werden theoretische Konzepte des Zusammenhangs zwischen Ökonomie und Demokratie vorgestellt, die Auswirklungen der Krise auf autoritäre Regime, vor allem auf China, diskutiert und schließlich eine neue internationale Organisation des Wechselspiels zwischen Demokratie und Ökonomie zur Diskussion gestellt.

 

Das Buch hat einen eindeutig politikwissenschaftlichen Hintergrund und bezieht sich bei den theoretischen Ansätzen auf die großen Namen der Politikwissenschaft wie Seymour Lipset, Giovanni Sartori und andere. Diese Verankerung in der Politikwissenschaft bestimmt die Fragestellungen. Welcher Typus von politischen Systemen reagiert wie? Welche Form der Demokratie erzielte welche Ergebnisse in den Krisensituationen? Wie wird sich die ökonomische Entwicklung auf den Charakter des Regimes in China auswirken? Welche neuen Szenarien ergeben sich für sich entwickelnde Demokratien?

 

 

 

Demokratie in der Krise

 

Die Stärke dieser Ansätze in ihrer Verankerung in der politikwissenschaftlichen Theoriebildung ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit vorhergegangener und noch folgender Forschung. Übernommene Definitionen sichern, dass man auch weiterhin vom Gleichen spricht, wenn man beispielsweise bestimmte Staaten „liberal welfare states“ nennt. Die konsequente Einhaltung des Bezugsrahmens lässt das Buch aber auch für Leserinnen und Leser ohne diesen Hintergrund engstirnig erscheinen. Kernfrage der Autorinnen und Autoren – wie  oft in den Politikwissenschaften – ist die nach der Stabilität des politischen Systems. Ein Beispiel: „A crises-induced reversal of the trajectory of affluence could have far reaching effects, not least in that it could undermine the liberal values of trust and tolerance that guard against ethnic nationalisms with its concurrent attitudes of prejudice, racism and xenophobia.“ (S. 19)

 

Viele Thesen zu den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Demokratie werden nicht abgehandelt. Verschärfend kommt hinzu, dass die Schlüsselerlebnisse in diesem Zusammenhang erst in den Jahren 2010 bis 2012 im Zusammenhang mit der Krise der öffentlichen Haushalte gemacht wurden. Man erinnere sich etwa daran, dass vor der Zusage finanzieller Hilfe für Griechenland einst nicht nur die sozialistische Regierung, sondern auch die größte Oppositionskraft sich gegenüber den Kredit gewährenden Institutionen auf eine politische Linie festlegen musste.

 

 

 

Stabilität der Demokratie

 

Der Sammelband gibt aber einen sehr soliden und gut sortierten Überblick über den Stand der Demokratie nach der ersten Welle. Die AutorInnen betonen die Stabilität der stärksten Demokratien: „While the wealthy consolidated democracies can be considered strong enough to cope even with major political and economic challenges, the poor third wave democracies are much more vulnerable because their political institutions and party systems are not as well established , democratic value orientation are not as deeply rooted in their political culture and they have fewer economic resources to cope with income losses in a recession. But the most vulnerable are the authoritarian regimes. Their political legitimacy is based exclusively on their ability to secure acceptable economic outputs and therefore poor economic performance has a much more adverse effect on their legitimacy.“ (S. 114f.) S. W.

 

Democracy under stress. Hrsg. v. Ursula van Beek … Opladen: Barbara Budrich Publishers, 2012. 244 S., € 29,90 [D],  30,80 [A], sFr 41,90

 

ISBN 978-3-86649-453-4