Über Androiden und Roboter

Ausgabe: 1989 | 1

Geschichten über Androiden belegen früheste Zeugnisse der abendländischen Literatur. Berichtet wird von den mythischen Gebilden des Schmiedegotts Hephästos und den beweglichen Statuen des sagenumwobenen Baumeisters Dädalus ebenso wie von den hydraulischen Automaten aus der Schule von Alexandria. Im Zeitalter der Romantik verkörpern Automaten Zwänge und Ängste, die sich mit Beginn der Industrialisierung abzeichnen. Heute widmet sich eine Reihe von Disziplinen wie die Kybernetik, Biogenetik, Mikroelektronik und die Reproduktionsmedizin dem Maschinen- und Roboterwesen. Der Begriff "Roboter" hat sich nach dem tschechischen Wort für Arbeit für alle konstruierten Handlanger eingebürgert. Verwendet wurde diese Bezeichnung erstmals von Karel Capek (1890-1938). Trotz der Vielfalt an Textsorten wird mit Ausnahme von Lern und Asimov ein ganzes Genre, die moderne Science-Fiction Literatur, in der sich Roboter aller Art tummeln, ausgespart. So auch im zweiten Band. Darüber hinaus findet man weitere Überschneidungen. In "Denk, Maschine!" liegt der Schwerpunkt eindeutig bei den Geschichten zur künstlichen Intelligenz. Die Beiträge stammen u. a. von Edgar Allan Poe, E. T. A. Hoffmann, Da Ponte (Don Giovanni: Registerarie), Enzensberger, Tucholsky und Robert Jungk. Kurt Vonnegut beispielsweise erzählt die Geschichte vom sich selbst aus Liebeskummer zerstörenden Supercomputer Epicac, der zwar aussah wie eine Maschine, "aber er war sehr viel weniger eine Maschine als viele Leute, die ich nennen könnte". Hans Magnus Enzensberger verlaßte zur Ambivalenz des Fortschritts in "Mausoleum" eine Sammlung von Balladen. "Im Übrigen halten wir fest", so heißt es bei ihm, "daß der universelle Automat unendlich träge, und daß er niemals gebaut worden ist." Die interessante Zusammenstellung von Texten ermöglicht einen zum Teil amüsanten Zugang zum Thema. Es finden sich phantastische Geschichten neben philosophischen Darlegungen, Satiren neben Schauerstücken, nüchterne Sachbeschreibungen neben spannenden Erzählungen. Störend in "Menschen aus Menschenhand" ist lediglich die Einschränkung auf technisch-naturwissenschaftliche Reproduktionsversuche. Die alte Frage, ob "Blechtrottel" oder "Superhirn“ wird in "Denk, Maschine!" vom renommierten deutschen Science-Fiction-Autor Herbert W. Franke nicht zu Unrecht gesteilt. Im Hinblick auf den Computer nimmt er an, daß heute noch nicht bekannte bzw. vorstellbare Fertigungsmethoden (Moleküle als Schaltelemente) ungeahnte Möglichkeiten eröffnen werden.

 

Menschen aus Menschenhand. Zur Geschichte der Androiden. Texte von Homer bis Asimov. Hrsg. von Rudolf Drux. Stuttgart: Metzler, 1988. 398 S. 

Denk, Maschine! Geschichten über Roboter, Computer und künstliche Intelligenz. Hrsg. von Ralf Bülow. München: Heyne, 1988. 349 S.