Zukunftsvorbereitung braucht Intelligenz der Überraschungen

Ausgabe: 1995 | 4

"Richtig gut sind die strategischen Pläne nur dann, wenn sie sich nicht auf die Wirklichkeit beziehen." Mit pointierten Sätzen dieser Art legt Gerd Gerken, Deutschlands wohl prominentester Managementberater, seiner Klientel einmal mehr den permanenten Wandel nahe. Dem eben aktuellen Trend in Sachen Wirtschaft meist mehr als nur einen Schritt voraus, erteilt Gerken dem Lean Management ebenso wie dem Re-Engeneering eine klare Absage, denn beide seien Facetten strategischer Planung. Allenfalls dazu geeignet, kurzfristig Kosten zu senken, versagten sie vor der Herausforderung, "der Unlogik der Zukünfte" angemessen zu begegnen. Waren (und sind) es sehr oft noch Visionen, mit der Zukunft begegnet wird, so sind nun "mythische Strukturen" und Rituale gefordert, um durch eine "Intelligenz der Überraschungen" die Zukunft auf möglichst vielen Ebenen heterarchisch vorzubereiten, noch ehe sie für andere als Trend erkennbar ist.

Ist denn das zu leisten? Ja, sagt Gerken und fordert Unternehmen konsequenterweise dazu auf, "nicht das zu tun, was sie perfekt können, sondern das, was sie als unbekannte Möglichkeit herstellen wollen". Master-Management, Fuzzy Logik und Virtual Life sind die bestimmenden Techniken ökonomischer Zukunftsgestaltung, Liebe (Leidenschaft), Geist (Bewußtsein), Chaos (Nicht-Linearität) und Mimesis (Verschmelzung) die Attraktoren des Erfolgs. Rationalität ist out, Synergetik in, so ein-  fach liest sich das, vielfach variiert bei Gerd Gerken, doch was salopp und scheinbar tiefgründig angedacht - es ist noch lange nicht gemacht. Dem Durchbruch zum Erfolg im Wege steht nicht zuletzt, was Gerken den "europäischen Kulturrahmen" nennt: Während dieser von Präzision, Rationalismus, dem Prinzip der Optimierung und dem Gefühl der Endgültigkeit bestimmt wird, sind Anpassung, das fließende Denken des Taoismus, Konsens und ein Gefühl des Als-ob die Garanten der japanischen (bzw. asiatischen) Wirtschaftsdynamik.

Wenngleich das alles positiv und oft verblüffend einfach klingt: Gerken legt mit diesem Buch gewiß manche Schwachstellen traditionellen Managements bloß, er verrät aber nicht, wie beispielsweise die neuen Parameter des Fortschritts zu diskutieren und ohne Regeln der Kommunikation - und damit der Logik - umzusetzen sind.

W Sp.

Gerken, Gerd: Wild Future. Abschied von den kalten Strategien. Düsseldorf (u.a.): Econ. 1995. 400 S., DM/sFr98,-/ÖS 725,"