Zeitbombe Mensch

Ausgabe: 1996 | 2

Die Bedrohungen sind vielfältig, die Bilder erschütternd, das Ausmaß der Zerstörungen umfassend, allein es fehlt der Wille zu nachhaltigen Kursänderungen. Wie weit die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen bereits fortgeschritten ist, zeigt diese Video-Dokumentation, die in Zusammenarbeit mit Hans Peter Dürr vom Max-Planck-Institut für Physik in München entstanden ist. Vielleicht, so ist zu hoffen, gelingt durch zum Teil schockierende Bilder, was durch viele Worte bislang nicht erreicht wurde. Der Film beschäftigt sich sowohl mit den Ursachen als auch den Folgen exponentieller Bevölkerungsentwicklung und ungehemmten Wachstums, zeigt aber auch, und hier sind es v. a. die Aussagen von Hans Peter Dürr, Möglichkeiten zur Änderung unserer Lebensgewohnheiten auf. Zunächst gibt Dürr zu bedenken, daß wir es mit zwei getrennten Problemkreisen zu tun haben: Bedrohlich ist sowohl das explosionsartige Bevölkerungswachstum im Süden als auch die enorme Ausbeutung der Natur im Norden. Dort wird insgesamt viermal soviel an Ressourcen und Energie verbraucht wie in den Entwicklungsländern. Der Film veranschaulicht, wie die Böden zerstört, das Wasser verschmutzt und die Luft verpestet wird. Als Luftverschmutzer erster Ordnung wird nicht ganz überraschend das Auto neben industriellen Emissionen und dem Luftverkehr ausgemacht. Auch hinsichtlich der Nahrungsmittelproduktion zeigen sich gravierende Fehlentwicklungen, wenn beispielsweise für die Herstellung eines Kilogramms Rindfleisch neun Kilogramm Getreide gebraucht werden, womit wiederum 16 Menschen pro Jahr ernährt werden könnten. Deutlich wird, daß sich sinnvolle Gegenstrategien auf beide Problembereiche beziehen müssen. So wird, einmal mehr die Bedeutung der Frauen bei der Geburtenkontrolle im Süden als Argument in die Diskussion gebracht. Für den Norden bringt es Dürr so auf den Punkt: "Wir müssen lernen, die Natur zu nutzen, ohne sie zu verbrauchen." Das bedeutet einen Lebensstil, der so ist, daß wir künftig "nur vom Einkommen und nicht vom Naturkapital leben", was - siehe oben - einer drastischen Kürzung des verbrauchten Ressourcenvolumens gleichkommt, aber alles andere als Verarmung bedeutet: Dürr schwebt der Lebensstandard eines Schweizers im Jahr 1969 als für alle Menschen im Norden annehmbar vor. Weitere Vorschläge beziehen sich auf eine Energielenkungsabgabe und Schritte zur dezentralen, nachhaltigen Energieversorgung. Ein wertvoller Beitrag zur Bewußtseinsbildung, der v.a. in Schulvideotheken Platz finden sollte. A. A.

Zeitbombe Mensch. Zu viele plündern den Planeten Erde. Grünwald: Komplett-Video, 1995. 60 min. (Wissen auf Video)