Theologie und Friedensforschung im 20. Jahrhundert

Ausgabe: 1995 | 4

Mit dem Abwurf der Atombombe über Hiroshima wurde der Ruf "Nie wieder Krieg!" von neuem laut. Die atomare Waffe verleiht jedweder Kriegsführung eine derart andere Qualität, daß es nicht allein genügt, einen neuerlichen Weltkrieg zu verhindern, sondern auch territorial begrenzte kriegerische Auseinandersetzungen, denn wer garantiert, daß sie nicht eskalieren. Abzuschaffen bzw. einzugrenzen war und ist das Phänomen "Krieg" immer wieder durch umfassende Zusammenarbeit: Kooperation zwischen den Nationen (Gründung von UNO, EWG; EFTA etc.), wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Friedensforschung und den Naturwissenschaften. Man erkannte schon früh die Verantwortung, die Forschung und Neuentwicklungen mit sich bringen, und postulierte, daß nicht alles, was technisch machbar ist, auch tatsächlich realisiert werden soll. Praktisch drängte man schon in den 50er Jahren auf die Abschaffung aller Atomversuche.

Weitere wichtige interdisziplinäre Forschungsansätze ergaben sich mit Theologen und Religionswissenschaftlern. Diese Disziplinen boten a priori eine gewisse Überstaatlichkeit, vor allem in der ökumenischen Bewegung. Darüber hinaus sind die Kirchen historisch und ideologisch mit dem Thema konfrontiert, indem sie über Jahrhunderte Anlaß und Legitimation von und für Kriege boten. Mehr und mehr konstatieren sie nun, daß sich christliche Glaubens- und Heilslehre und Krieg ausschließen.

Ab den späten 60er Jahren erlangten die Sozialwissenschaften immer größere Bedeutung für die wissenschaftlichen Anstrengungen um den Frieden. Sie forcier(t)en die Analyse der Ursachen von Krieg und Gewalt und legen dar, was national und international den Zündstoff für Konflikte bietet - von der Gewalt auf der Straße bis zum Nord-Süd-Gefälle bzw. der damit zusammenhängenden Ausbeutung und Naturzerstörung.

So, zusammengefaßt, die sachkundige wie engagierte Analyse des prominenten Friedensforschers. Bei allen Veränderungen in der Wahl der wissenschaftlichen Methoden und Perspektiven ist der globale Frieden zumal politische Utopie geblieben, da die seit 50 Jahren angeprangerten Risikofaktoren, "beschränkt nationale Interessen" und Atomversuche Realität sind.

S. Sch.

Kinkelbur, Dieter: Theologie und Friedensfoschung. Eine Analyse theologischer Beiträge zur Friedens- und Konfliktforschung im 20. Jahrhundert. Münster (u. a.): Waxmann-Verl., 1995. sFr 59, - / ÖS 460,50 291 S.