Technologiegestaltung durch den Staat

Ausgabe: 1989 | 1

In Fortsetzung der von Nordrhein-Westfalens SPD geführten Diskussion über die Bedingungen von Beherrschung, Kontrolle und Begrenzung technischer Entwicklungen (vgl., PZ 88*59) wird hier über die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Einflußnahme gehandelt. Ministerielle Ein- und Ansichten aus den Bereichen Wissenschaft und Forschung, Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie Wirtschaft und Technologie vermitteln ein überraschend homogenes Bild. Es herrscht allgemeines Einvernehmen darüber, daß der Staat durch gezielte Eingriffe den industriellen Strukturwandel fördern und zugleich auch die Technikentwicklung. kontrollieren sollte. Auf der Suche nach dem "Königsweg zwischen wachstumsorientierter Technikförderung und restriktiver Technikkontrolle" kommt dem Zusammenspiel von Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlicher Hand besondere Bedeutung zu, auch wenn letztere bundesweit im Jahr 1987 nur noch knappe 30% der Finanzmittel für Forschung aufbrachte. Setzte man früher auf wenige Großprojekte, so soll in Zukunft thematisch breit gefördert und vor allem der Informationsfluß zwischen (universitärer) Forschung und Industrie ausgebaut werden. Daneben geht es zunehmend auch darum, die Öffentlichkeit in den Dialog zwischen Forschung und Wirtschaft einzubeziehen, der eine Breitseite gegen den Bundesforschungsminister von Bonn aus nicht angestrebt wird. Rolf Kreibich weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Kompetenz von Laien hin: Da (interessierte) Nicht-Experten Zusammenhänge besser erkennen und unbefangener beurteilen können, sind vor allem sie befähigt, über ökologische, soziale, kulturelle und regionale Verträglichkeit von Innovationen Auskunft zu geben. Hier ist der Staat aufgefordert, Modelle demokratischer Einflußnahme zu entwickeln und durchzusetzen. Mit Blick auf die Verantwortungslage der Wissenschaft fordert Kreibich von dieser öffentlich Auskunft über mögliche negative Folgen neuer Entwicklungen, während die Wirtschaft sich der demokratischen Kontrolle durch die Betroffenen zu stellen habe. Marktanalysen und Zukunftsszenarien sollten verstärkt in den Forschungs- und Produktionsprozeß eingebunden werden, um im Voraus die Akzeptanz des technischen Fortschritts zu sichern. Die Ernsthaftigkeit, mit der die theoretische Diskussion über sozialverträgliche Technik in diesem Bundesland geführt wird, ist beispielgebend. Am eigenen Anspruch freilich bleibt zu messen, inwieweit sich Theorie und Praxis vereinen lassen.

Technologiegestaltung durch den Staat. Mit Beiträgen von Anke Brunn (u. a.) Christoph Zöpel (Hrsg.). Bonn: Verlag Neue Gesellschaft, 1988. 142 S.