Studium, Universität und Hochschule in der Zukunft

Ausgabe: 1988 | 2

Der Autor, Präsident der ersten bundesdeutschen Privaten Universität Witten/Herdecke, geht zunächst im Überblick auf die wesentlichen Kritikpunkte am herkömmlichen System akademischer Ausbildung ein. Beginnend mit der griechischen Antike wird die Entwicklung des Universitätsstudiums von der Idee der .Universitas" bis zur Hochschule als staatliche Einrichtung nachgezeichnet. Die inzwischen "durchaus staatlich-bürokratische, fast planwirtschaftlich zu nennende Verwaltung des Hochschullebens" ist einer der Hauptkritikpunkte. Anstatt eine eigene Hochschulpädagogik zu entwickeln, "haben wir versucht, das Universitätsstudium verwaltungsgerichtsfest zu machen, was den Niedergang des lebendigen Geistes der Universität bedeutet".

Ein weiteres Übel ist die Praxisferne, die allerdings Natur- und Ingenieurwissenschaften nicht betrifft. Ein zukunftsorientiertes Studium wird nach Ansicht Schilys von Universitäten in staatlicher Verwaltung nicht realisierbar sein. Die eigenständige Verantwortung der Hochschule im Sinne von Gestaltungsfreiheit ist dafür Voraussetzung. Eine wichtige Überlegung ist auch, für welche Zukunft ausgebildet, und welche Möglichkeiten der kommenden Generation eröffnet werden sollen. "Universitäten der Zukunft müssen den Studenten das individuelle Studium ermöglichen. Ihre Zukunftsinvestitionen sind gute Studenten, die in ihrem Studium nicht nur in gehöriger Reihenfolge das spezialisierte Wissen gelernt, sondern bei guter Grundausbildung neben der Spezialisierung einen erweiterten Bildungshorizont erworben haben." Im Vordergrund werden die Fragen nach dem Sinn und dem Ganzen stehen, das heißt auch, sich an den kommenden Aufgaben zu orientieren. Dabei werden sogenannte Grundfähigkeiten - die Entwicklung unserer menschlichen Sinne und unserer Hände - auch für akademische Berufe erforderlich sein.

"Der lebendige Geist ist die einzige Ressource, die wir selber schaffen können, er ist die einzige Zukunft unserer Gesellschaft." Gerade diesen zu pflegen ist Sache der Universität. Der Staat hat die Aufgabe, die Autonomie der Universitäten zu schützen und ihre Freiheit zu verteidigen.

Die Entwicklung neuer Studienpläne, die seit einigen Jahren in Österreich wirksam sind, zeigt freilich in die andere Richtung.

Schily, Konrad: Futurum. Studium und Hochschule in der Zukunft. In: Perspektiven. 4. Jg. (1988), Nr. 3, S. 15-17.