Soziale Bewegungen als Kommunikationssystem

Ausgabe: 1996 | 1

Soziale Bewegungen haben sich im Themenkanon der Soziologie in Forschung und Lehre etabliert, sie sind in umfassenden Darstellungen wie in Fallstudien festgehalten; zudem existieren Beschreibungen  einzelner Bewegungen auch in Form von “Selbstdarstellungen. Der Autor der vorliegenden Studie war in sozialen Bewegungen aktiv: in der Studenten-, der Gewerkschafts- und der Friedensbewegung. In seiner hier vorliegenden Habilitationsschrift bemüht er sich unter Einbeziehung seiner Erfahrungen um eine klare begriffliche Erfassung dessen, was eine soziale Bewegung sei, und nimmt dabei den möglichen Vorwurf des Begriffsfundamentalismus salopp vorweg. Richteten Anfang der 70er Jahre Studentinnen den Appell "Solidarisieren-Mitmarschieren" an die Passanten, so geht heute die Friedensbewegung andere, leisere Wege Ohne dem Gestrüpp der politischen Einschätzungen sozialer Bewegungen ein weiteres Sträuchlein hinzuzufügen, leistet der Soziologe grundlagentheoretische Begriffsarbeit. Der Untersuchungsgegenstand, den er in vier Großkapiteln abhandelt, ist der Konzeptionsentwurf sozialer Bewegungen, wobei die Frage nach Einheit und Geschlossenheit dieser Sozialisationsform im Zentrum steht. Des Autors Analyse führt zu einem Paradigma der neueren Systembildung, der Differenz von System und Umwelt, wobei Menschen immer Teil beider Größen sind. Ein ebenso spannend wie auch nur konzentriert zu lesendes Setting, das die Wirksamkeit sozialer Bewegungen hinterfragt und zugleich die kritische (Selbst-)Reflexion empfiehlt. Ch. R.

Ahlemeyer, Heinrich W.: Soziale Bewegungen als Kommunikationssystem. Einheit, Umweltverhältnis und Funktion eines sozialen Phänomens. Opladen: Leske u. Budrich, 1995. 308S.