Hans Holzinger

Sonne statt Atom

Ausgabe: 2013 | 1

Aus Anlass der Wiederkehr seines 100. Geburtstages im Jahr 2013 widmet Hans Holzinger dem Publizisten, Atomkritiker und Zukunftsdenker Robert Jungk dieses Buch. Dabei schlägt der Autor den Bogen von Leben und Werk Jungks bis zu den Debatten über den Stellenwert der Sonnenenergie für die Energieversorgung des 21. Jahrhunderts.

Die ersten beiden Kapitel geben eine Einführung in die Biographie Jungks und seiner wichtigsten Publikationen zum Thema Atom. Kapitel 3 beschäftigt sich zunächst mit den immensen Hoffnungen, welche besonders Industrie und Gewerkschaften in die Nutzung der Atomenergie setzten. Erst in den 1970er Jahren entstand eine breite Anti-AKW Bewegung, wobei das Nein der österreichischen Bevölkerung zum AKW Zwentendorf im November 1978 auch international ein Signal setzte. Dieser wie auch andere Erfolge, z. B. die Verhinderung einer Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf/Bayern, bestätigten die Überzeugung Jungks, dass Bürgerinnen und Bürger die Kraft haben, die Geschichte zu verändern.

Das folgende Kapitel leitet über zu den ersten Ansätzen, die Energie der Sonne als Schlüssel zur Lösung des Energiebedarfs der Menschheit zu nützen. Jungk selbst arbeitete in den Jahren 1979-1982 an einem Sonnenbuch und besuchte bei seinen Recherchen die PionierInnen der Nutzung der Solarenergie.1) Nach dem Motto „Die Sonne gehört uns allen“ erkannte Jungk schon damals nicht nur die ungeheuren Energiepotenziale, sondern auch den potentiell emanzipatorischen Charakter der Solarenergie, welche sich geradezu ideal für dezentrale und gemeinschaftliche Nutzung anbietet. Dieser Aspekt kommt besonders in Jungks Kolumnen für die Zeitschrift bild der wissenschaft zum Ausdruck, wo er auch eingehend auf die vielfältigen Forschungsansätze in den USA in der zweiten Hälfte der 70er Jahre eingeht. Wie bekannt, wurden diese nach Amtsantritt von Präsident Reagan im Jahr 1980 weitgehend zum Erliegen gebracht. In diesem Zusammenhang weist Holzinger – wie auch an anderen Stellen des Buches – auf den „unverbesserlichen“ Optimismus von Robert Jungk hin, welcher sich immer wieder zu große Hoffnungen in Hinblick auf erwartete – und wohl auch gewünschte – gesellschaftliche Entwicklungen machte. Dieser Optimismus ist einerseits eine große Antriebskraft, sich über den Tellerrand des Bestehenden hinaus zu wagen, andererseits eine Gefahr, diese Reise in das Unbekannte auf wackeligem, nicht tragfähigem analytischen Boden zu beginnen.

Im abschließenden Kapitel mit dem Titel „Energie für das 21. Jahrhundert“ fasst Holzinger die wichtigsten Erkenntnisse seines jüngst erschienenen Buches „Neuer Wohlstand“ zusammen.2) Anschaulich schildert er die Sackgasse Atom und das Dilemma, mit dem die Menschheit heute konfrontiert ist. Die mit der Nutzung fossiler Energien eng verbundene kapitalistische Produktionsweise entfesselte eine Dynamik der Entgrenzung, welche in mehrfacher Hinsicht über langfristig verträgliche Lebens- und Wirtschaftsweisen hinausschießen. Damit drohen im 21. Jahrhundert verschärfte Konflikte um Ressourcen und mit einer Fortsetzung fossiler Energienutzung auch unkontrollierbare Klimaerwärmungen. Vorschläge, wie diesen bedrohlichen Tendenzen durch eine Wende in Richtung Postwachstumsökonomie, in Richtung einer Solarspargesellschaft begegnet werden könnte, beschließen den Band.

Der Anhang enthält eine historische Zeittafel zu „Atom“, acht Thesen zur Aktualität Jungks sowie Verzeichnisse mit zitierten Werken Jungks und aktuellen, interessanten Publikationen zum Thema Energiepolitik, welche zur vertiefenden Lektüre anregen. Das Buch bietet einen guten Einstieg für alle, welche durch das Jubiläumsjahr neu mit der Person und den Ideen Robert Jungks in Berührung kommen. Es macht Lust auf eine nähere Beschäftigung mit ihm und seinem Werk sowie mit den großen energiepolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. 

1) Der Leiter der JBZ und enge Mitarbeiter Jungks in den Salzburger Jahren, Walter Spielmann, hat dieses nur fragmentarisch vorliegende Werk 2013 posthum herausgegeben. s. die Rezension

2) Holzinger Hans: Neuer Wohlstand. Leben und Wirtschaften auf einem begrenzten Planeten. Salzburg, JBZ Verlag, 2012.