Sicherheitspolitik und Streitkräfte im Wandel

Ausgabe: 1991 | 1

In einer Zeit, in der die Sinnhaftigkeit militärischer Sicherheitspolitik zunehmend angezweifelt wird, und manche schon von einem Europa ohne Armeen träumen, wird hier ein Band vorgelegt, der für das unbedingte Fortbestehen der Deutschen Bundeswehr und traditioneller staatszentrierter Sicherheitspolitik Stellung bezieht. Die Beiträge der 14 Autoren (Militärs, Politiker, Juristen), in denen Gründe für den Unterhalt von Streitkräften auch bei geringer Konfliktgefahr glaubhaft gemacht werden sollen, sind thematisch gegliedert: Hintergrund und Geschichte der Sinndebatte, "Wofür" statt "Wogegen", Argumente für Sicherheitspolitik und Streitkräfte, Bürger und Staat. Die vorgebrachten Argumente decken ein breites Spektrum ab: aus historischer (U. de Maiziere), staatsphilosophischer (H. M. Baumgartner), staatsrechtlicher (J. Isensee) und moraltheologischer Sicht (F. Bäckle) wird die Bewaffnung als unausweichlich dargestellt. Doch auch an profanen Argumenten fehlt es nicht, gehen doch von der Bundeswehr wirtschaftsfördernde Impulse aus, die von Arbeitsplatzbeschaffung bis hin zur Ankurbelung des technischen Fortschritts durch militärische F&E reichen. Auch im sozialen Bereich wirkt die Bundeswehr förderlich, während sie international das politische Gewicht der Bundesrepublik sichert. All das soll nicht der deutschen "Staatsverdrängung und Macht-vergessenheit" (J. Isensee) geopfert werden. Truppenreduzierungen und Abrüstung werden zwar bejaht, im Gegenzug verlangt man dafür mehr High-Tech in der Rüstung, mehr Luftwaffe und mehr Flexibilität, einschließlich einer Einsatzbefugnis auch außerhalb des NATO-Gebietes. Am Ende des Buches wird die Titelfrage erwartungsgemäß mit "Nein" beantwortet, wobei die 23 Beiträge eine Variation dieses Neins vom gütigen "Nicht doch" bis zum strammen "Niemals!" darstellen. Soviel Lob der Armee verstellt den Blick auf jene sprunghaft anwachsenden Sicherheitsrisiken, die militärisch nicht bekämpfbar sind und von der staatszentrierten Perspektive nicht erfasst werden: Umweltzerstörung, Klimaveränderung, Risikotechnik, Unterentwicklung etc. Von den hier propagierten gängigen sicherheitspolitischen Konzepten sollte man dazu keine Lösungen erwarten. 

Frieden ohne Macht? Sicherheitspolitik und Streitkräfte im Wandel. Baumgartner, Hans M. ... (Mitarb.) Bann: Bouvier-Verl., 1991.2975., DM 38,-1 sFr32,201 öS 296,40