Schweizerische Sozialpolitik nach dem Jahre 2000

Ausgabe: 1993 | 2

Mit konkreten sozialpolitischen Neuerungen und genauer Berechnung ihrer Kosten legen die beiden Wirtschaftswissenschaftler ein Konzept für eine "soziale",   also gerechtere Schweiz vor, ohne in Summe zu erhöhten Sozialausgaben zu greifen. Die Vorschläge, die hier nur beispielhaft erläutert werden können, sind durchaus über die Schweiz hinaus diskutierenswert. Die Verflüssigung des Bodenmarktes durch Besteuerung nicht bebauter Spekulationsflächen sowie freie Marktmieten in Verbindung mit einem Wohngeld für Niedrigeinkommensbezieher, das durch Lenkungsabgaben für Groß- und Zweitwohnungen finanziert wird, sollen zu einer gerechteren Verteilung der Wohnungen führen; mit einer existenzsichernden Einheitsrente für alle, die vom Einkommen abgekoppelt ist, und Zusatzzahlungen der privaten Vorsorge überläßt, sollen die Renten gesichert werden. Medizinische Zentren mit Gemeinschaftspraxen und fixen Gehaltsschemen würden - so die Autoren - die Gesundheitsvorsorge erhöhen, die medizinischen „Aufrüstunqskosten" drosseln und das Kranksein dem Gewinnstreben der Ärzte, die derzeit für die Zahl der Behandlungen kassieren, entziehen. Nicht unproblematisch sind die vorgeschlagenen „Sterbeverfügungen", durch die etwa Krebskranke auf die "chirurgisch-urologisch-radiologische Maschine" verzichten können und dadurch von den Krankenkassen einen Prämienrabatt erhalten. Die Vorschläge zur Arbeitslosigkeitsbekämpfung setzen auf frühzeitige Integration und verstärkte Bildung. Der "Staat als Arbeitgeber in letzter Not" wird der Marginalisierung von Langzeitarbeitslosen mit allen ihren sozialen Folgeproblemen vorgezogen. Heftige Diskussionen hervorrufen wird wohl der Vorschlag eines von allen Schweizer Bürgern und Bürgerinnen zu erfüllenden, 300 Tage umfassenden Sozialdienstes, der im Kranken- und Sozialwesen sowie im Katastrophen- und Umweltschutz abzugelten wäre und die derzeitige Militärdienstpflicht ersetzen würde, was Einsparungen auch im Bereich der Landesverteidigung zur Folge hätte. H. H.

Füglistaler, Peter; Pedergnana, Maurice: Wege zu einer sozialen Schweiz. Schweizerische Sozialpolitik nach dem Jahre 2000. Zürich: Orell Füssli, 1993 (Report aktuell). 230 S., DM 44,- / sFr 37,30/ öS 343