Risikoforschung. Disziplinarität und Interdisziplinarität.

Ausgabe: 1997 | 1

Risiken sind allgegenwärtig und gehören längst zum Normalfall unseres Lebens. "Da es den Anschein hat, daß Unsicherheit das einzige ist, dessen man sich sicher sein kann", begeben sich sowohl "Laien" als auch "Experten" auf die Suche nach der verlorenen Sicherheit. Um aktuelle Trends der Risikoforschung in einzelnen Disziplinen ging es bei einem Symposion am Zentrum für Technik und Gesellschaft der TU Cottbus, dessen Vorträge, Diskussionsbeiträge bzw. Anregungen hier wiedergegeben sind. In seiner Einführung in die Risikoforschung, in ihre Entstehungsgründe, in unterschiedliche Sichtweisen und wichtige Diskussionsstränge macht Gerhard Banse die Komplexität technogener Risikosituationen deutlich, zeigt aber auch ihren vielfachen Bezug zu lebensweltlichen Konstellationen und die Notwendigkeit einer multi- oder interdisziplinären Auseinandersetzung mit dem Gesamtbereich der "Risikowirklichkeiten ", Klaus Kornwachs stellt in seinem Beitrag den Begriff der Zuverlässigkeit in den Vordergrund und schlägt vor, diesen statt des statischen Risikobegriffs einzuführen. Interessante psychologische Aspekte der Risikoforschung beschreibt Bärbel Bergmann auf der Suche nach Faktoren, die sich ”fehlerbeeinflussend" auf menschliche Tätigkeiten in Arbeitsprozessen auswirken können. Zur Fehlerbegrenzung sieht sie prinzipiell zwei Möglichkeiten: die Verbesserung der Handlungskompetenz der Akteure durch Lernprozesse oder überhaupt eine Veränderung der Mensch-Technik-Funktionsteilung so, "daß rechnergestützte Expertensysteme diese schwer ausführbaren Aufgaben abnehmen" . Weitere Beiträge behandeln das Risiko in der Ökonomie auch als Chance des Gewinns, die Fragen nach der Risikoverwaltung in der Rechtswissenschaft, das Risikoverständnis in der Soziologie (Risiko als soziale und kulturelle Konstrukte von Unsicherheit in der Moderne) sowie philosophische Zusammenhänge.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß Konzepte zum Umgang mit Unbestimmtheiten der Technik interdisziplinär angegangen werden müssen und zunehmend nicht Risiko, sondern allgemeine Unsicherheit in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt wird. A. A.

 

Risikoforschung zwischen Disziplinarität und Interdisziplinarität. Von der Illusion der Sicherheit zum Umgang mit Unsicherheit. Hrsg. v. Gerhard Banse. Berlin: Ed. Sigma, 1996. 233 S.