Relevanz der freien Kulturarbeit

Ausgabe: 1996 | 4

Dieser Band dokumentiert das gleichnamige interdisziplinäre Symposion der IG Kultur Österreich vom November 1995 in Wien. Die Thematik wird dabei auf drei Ebenen abgehandelt:

  1. "Offizielle" Reden reflektieren programmatisch die Situation der freien Kulturarbeit aus der Sicht der IG Kultur, durch zwei österreichische Politiker (Schelten und Schmidt) sowie aus einem deutschen Blickwinkel (Eva Krings, Kulturpolitische Gesellschaft). Kultur nicht nur als Veranstaltungskultur, sondern als Treibmittel für eine zivilere Gesellschaft, als von Staat und Markt autonomer Raum, als Labor für soziale Experimente sind dabei angesprochene Leitmotive.
  2. Wissenschaftliche Beiträge versuchen in der Folge das Feld zu strukturieren. Der Semiotiker Jeff Bernard legt eine Typologie der autonomen Kurzarbeit vor, Günther Marchner tut dies am konkreten Beispiel des Bundeslandes Salzburg. Im weiteren geht es um verschiedene mögliche Funktionen der freien Kulturarbeit. Über Kultur als Brücke zwischen gesellschaftlichen (Sub)Systemen wie Stadt und Land, Ethnien, Generationen handeln Wolfgang Müller-Funk anhand der Waldviertel-Akademie oder Sabine Follie anhand des Vorarlberger Kultursprünge-Projekts, über die Geschlechterproblematik referiert die Publizistin MarieLuise Angerer'. Kultur in der Perspektive der Öffentlichkeit erörtern Heiner Zametzer und Rudolf Kohoutek. Die Funktionen von freier Kulturarbeit für die Vermittlung innovativer Kunst ist Thema des Kunstsoziologen Alfred Smudits. Freie Kulturarbeit als Organisationslabor in gesellschaftlich (noch) nicht normierten Bereichen diskutiert der Kulturmanager Herbert Szirota, und der Wirtschaftswissenschaftler Stephan Schulmeister beleuchtet die tristen Perspektiven für autonome Kulturarbeit angesichts schrumpfender Staatsfinanzen. Der Volkskundler Hans Haid beschreibt zukunftsrelevante Aktivitäten der Volkskultur und ruft zur Aktivierung ihres Widerstandspotentials auf. Die Psychotherapeutin Jutta Menschik-Bendele erörtert biographische Dimensionen anhand von möglichen Rollen der Kultur in der Pubertät und berichtet von der Berliner Studentenbewegung, der Frauen- und der Kinderladenbewegung. Der Kulturphilosoph Rolf Schwendtner analysiert zuletzt einige gesellschaftliche Funktionen freier Kulturarbeit wie ihr Innovationspotential, ihre Verbindung von Emanzipation und Kompensation oder ihre gegen den Konsumdruck wirkende Eigenaktivierung.
  3. Praktische Ergänzungen liefern die Berichte aus den drei Arbeitskreisen “Kulturverwaltung und Kulturinitiativen" (zwischen Zentralismus und Subsidiarität). “Kulturarbeit als Bildungsprinzip" (Museumspädagogik, Medienpädagogik) und "Kultur- und Budgetpolitik" (wo angesichts öffentlicher "Sparpakete" ein differenziertes System kooperativer Kulturfinanzierung gefordert wird). W R.

 

Relevanz und gesellschaftliche Funktionen der freien Kulturarbeit. Hrsg. v. Gerald Raunig. Wien: IG Kultur Österreich, 1996. 240 S.