Ökoeffizienz. Management der Zukunft

Online Special

War “der schadstoffbegrenzende Umweltschutz die Zukunftstechnologie der siebziger Jahre, so ist Ökoeffizienz die Zukunftsperspektive der Jahrtausendwende”, gibt sich Ernst U. v. Weizsäcker im Vorwort zu diesem Tagungsband, der die Referate der Düsseldorfer ENVITEC-Konferenz sowie der “1. Internationalen Faktor 4+ Konferenz/Messe” (Klagenfurt) enthält, optimistisch. Und, genau betrachtet haben wir keine andere Wahl, denn würden alle ErdenbürgerInnen auf dem Niveau der rund 80 Mio. Deutschen leben, deren “ökologischer Fußabdruck” 3,2 Mio. Quadratkilometer (die 9-fache Fläche der BRD) abdeckt, dann bräuchten wir vier Erdbälle, um die Bedürfnisse der voraussichtlich 8 Mia. Menschen zu erfüllen, die um die Mitte des kommenden Jahrhunderts den Planeten bevölkern werden.

“Ökoeffizienz” kennzeichnet die ebenso ehrgeizige wie realistische Vision des “World Business Council for Sustainable Development”, wonach der Schutz der Umwelt, die Belebung der Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen zugleich möglich ist. Und in der Tat: Wenn es, wie F. W. Bosshardt in seinem einleitenden Beitrag aufzeigt, in den letzten hundert Jahren gelungen ist, die Arbeitsproduktivität um mehr als das Hundertfache zu steigern, warum sollten wir es dann nicht schaffen, die Ressourcenproduktivität um den Faktor 4 bis 10 oder auch mehr zu steigern. Eine Reihe eindrucksvoller Beispiele dafür nennt im Folgenden der “Negawatt”-Experte Amory Lovins, etwa die Reduzierung der für Elektropumpen Pumpen aufzuwendende Energie (Faktor 12) oder die Entwicklung von ihm entwickelten “hypercar” zu “fahrenden Kraftwerken”. Doch damit nicht genug: Günter Pauli, Begründer der “Zero Emission Foundation” berichtet von bereits realisierten Nutzungskaskaden mit annähernd 100 Prozent Abfallvermeidung - der “total material productivity” (TMP) - etwa bei Fuji Xerox und Hatichi. Nicht dem “downsizing” (Auslagerung von Dienstleistungen), sondern vielmehr dem “upsizing” (mehr Einkommen, mehr Arbeitsplätze und so gut wie keine Verschmutzung) gehöre die Zukunft.

Daß die Realität diesen Erwartungen vielfach noch nicht entspricht, verdeutlicht der Abschnitt über bestehende Instrumente der “Ökoeffizienz. So zeigt u. a. D. Jiménez-Beltrán, daß sich die Lage der Umwelt in der EU zwischen 1995 bis 1998 “insgesamt nicht gebessert hat”. Dem Erfolg von Umweltportfolios durch Ökoeffizienz (U. Niederer) oder dem Instrument des “Öko-Kompasses” (C. Fussler) sind weitere Beiträge dieses Abschnitts gewidmet.

Ungemein kritisch setzt sich zu Beginn des Kapitels “Ökoeffizienz weltweit” ein Beitrag mit der asiatischen Wirtschaftsmentalität auseinander, dem Berichte über die Ressourceneffizienz in China, Polen, Dänemark und Ägypten folgen. Ein weiterer Abschnitt wendet sich der Effizienz von Dienstleistungen (etwa den Vorzügen langlebiger Produktzyklen (W. R. Stahel) oder innovativen Konzepten der Verkehrsvermeidung durch Telekommunikation (F.-J. Rademacher) zu, ehe Berichte aus der Unternehmenspraxis (u. a. “Faktor 4 in der Elektrobranche und bei ABB Deutschland) diesen spannenden und zudem sprachlich wie grafisch sorgfältig gestalteten Tagungsband beschließen.

E. U. v. Weizsäcker zusammenfassend: “Wenn die Wissenschaftler und Ingenieursgemeinde ihr Füllhorn der Ideen ausschüttet, dann wird die Öffentlichkeit emotional mitgehen. Dann wird die Politik den Rahmen korrigieren und den Verschwendern und Kleinmütigen die rote Karte zeigen. Wer dann zu spät kommt, den bestraft das Leben.” (S. 282). Ein Gewinn ist auch die sorgfältig recherchierte Liste der AutorInnen (mit Anschrift, E-Mail und Internet-Adressen.

Wer sich näher mit dem Konzept des “Öko-Kompaß” beschäftigen möchte, der in der Zusammenschau von sechs Dimensionen (Gesundheit und Umweltrisiken, Ressourcenschonung, Energie-, Materialintensität, Wiederverwertung sowie Erweiterung der Dienstleistung) den Kurs für erfolgreiches Wirtschaften anzeigt, und zudem von dem Vizepräsidenten der Dow Europe S. A. für “New Business and Public Affairs” Tips zu frühzeitiger Produktinnovation erfahren und die “Einfachen Regeln zur Nachhaltigkeit kennenlernen möchte, dem sei empfohlen:

Claude Fussler: Die Öko-Innovation. Wie Unternehmen profitabel und umweltfreundlich sein können. Stuttgart (u. a.): Hirzel, 1999. 337 S., DM 78,- / sFr 71,-/ öS 569,-.


W. Sp.

Ökoeffizienz. Management der Zukunft. Hrsg. v. Ernst U. v. Weizsäcker ...  Berlin (u. a.): Birkhäuser, 1999. 282 S., DM 58,- / sFr 52,- / öS 424,-